Leben in Kabul: Auto fahren, Taxis, Einladungen zum Tee und die Faszination von Bildern

Inzwischen bin ich äußerlich so assimiliert, dass mich letzte Woche ein Junge ganz selbstverständlich auf Dari ansprach, ob er auf meinem Fahrradgepäckträger mit bis zur nächsten Straßenkreuzung fahren könne. War ich stolz. Überall in Kabul gibt es quer über die Straßen Bodenwellen, manchmal aus Panzerketten, meist aus Erde oder auch kleine Gräben, an denen die Autos langsam fahren müssen.

Inzwischen bin ich äußerlich so assimiliert, dass mich letzte Woche ein Junge ganz selbstverständlich auf Dari ansprach, ob er auf meinem Fahrradgepäckträger mit bis zur nächsten Straßenkreuzung fahren könne. War ich stolz. Überall in Kabul gibt es quer über die Straßen Bodenwellen, manchmal aus Panzerketten, meist aus Erde oder auch kleine Gräben, an denen die Autos langsam fahren müssen. Ganz oft sitzen dort BettlerInnen, die auf Almosen warten, manchmal liegen sie auch mitten auf der Straße, die Burka tragenden Frauen manchmal mit Kindern auf dem Arm in Auspuffhöhe oder die Kinder mit dem Kopf zur Fahrbahn vor sich liegend. Manchmal sehe ich auch Kinder am Steuer der Autos, neun, zehn Jahre alt.

Generell wird sehr regellos gefahren, aber bis auf die Geheimdienstautos oder manchmal sehr elegante, neue Wagen mit jungen Männern als Fahrer und Beifahrer, fahren alle nach meiner Beobachtung viel weniger aggressiv als in Deutschland (ich muss aber dazu sagen, dass einige Kollegen diese Einschätzung nicht teilen).

Alle rechnen mit Regelverstößen und bremsen, anstatt Gas zu geben, wenn ihnen jemand gerade die Vorfahrt nehmen will. Für mein Fahrradfahren ist das sehr angenehm zu spüren. Nur an das ewige Gehupe musste ich mich sehr gewöhnen. Es ist halt kein Zeichen der Empörung, wie bei uns, sondern nur: ‘Achtung, ich überhole dich jetzt’ oder auch: ’Pass auf, ich will abbiegen.’ Inzwischen bin ich dankbar für das Hupen, weil es eben auch bedeutet: ‚Vorsicht’ oder: ‘Ich habe dich gesehen.’

Auf den Straßen liegen viele Teppiche, immer wieder. Mir wurde erzählt, die lägen dort, um aus neuen, billigeren Teppichen, Ältere zu machen. Ich kann’s immer noch nicht so richtig glauben.

Von etwa 100 Leuten auf den Straßen in Kabul (in Hezarak sehe ich bis auf ganz seltene Ausnahmen nur Männer) sind etwa 70 Männer, darunter 5 Soldaten/ Polizisten, 25 Kinder, darunter unter 10 Mädchen, und 5 Frauen, etwa drei mit Burka.

Immer wieder habe ich natürlich mit Taxifahrern zu tun. Viele lehnen erst mal ab, dass ich überhaupt bezahle, meist als Höflichkeitsfloskel (die ich als Geste trotzdem nett finde) und manchmal auch hartnäckig, im Ernst. Ich habe mich bisher immer durchgesetzt, weil sie ja wirklich für mich gearbeitet haben, aber schade fand ich’s manchmal schon, so ein Geschenk nicht anzunehmen.

Ein paar der Taxifahrer versuchen einen auszunehmen und immer wieder ärgere ich mich richtig darüber. Komisch, dass mich das so ärgert. Wahrscheinlich wieder die alte Leier, dass ich einfach der tolle Almosenbringer sein will und nicht undankbare Leute um mich haben. Ein anderes Mal habe ich mich mit einem Taxifahrer eine ganze Weile über den Preis gezankt und das ist mir heute noch peinlich. Ich hatte mich gewundert, dass er so viel Geld wollte, weil er eigentlich ein ganz Netter war. Ich hatte mehrere Ziele nach einander mit ihm angefahren. Er gab dann auch nach und später merkte ich, dass ich mich schlicht verrechnet hatte.

Eine Fahrt kostet so zwischen 30-60 Afghani, je nach Fahrer, ein bisschen auch je nach Länge. Ich bezahle eigentlich starrköpfig immer nur 50 Afghani, frage auch inzwischen manchmal vorher gar nicht erst nach dem Preis, sondern bezahle am Ende der Fahrt einfach meinen einen Euro. Das gefällt mir schon alleine deshalb, weil die Netten sich dann freuen und die Gierhälse sich ärgern. Wenn ich mehrere Sachen zu erledigen habe, ist es oft besser, jedes Mal ein neues Taxi anzuhalten, weil die Fahrer sich auch das Warten bezahlen lassen. Schwerer fällt es mir, mit den 1 Afghani teuren Bussen zu fahren, weil ich so schlecht herausbekomme, wohin sie denn eigentlich fahren.

Oft werde ich nach einem Job gefragt, oder ob der Sohn bei mir in die Ausbildung gehen könne. Oder ich soll sie mit nach Deutschland nehmen. Ganz oft werde ich auch zu einem Tee eingeladen, viel als Floskel, manchmal im Ernst. Ich erkenne es daran, was passiert, wenn ich ”Dankeschön” als Antwort sage. Meist ist es dann okay, manchmal beharrt jemand auf seiner Einladung. Ich glaube aber, ich würde immer einen Tee bekommen, wenn ich wollte, auch auf eine eigentlich nicht ernst gemeinte Einladung. Ich habe auch schon den ganzen Monatslohn einer Person hingehalten bekommen: ‘Brauchst du?’ –auch so eine Sitte gegenüber guten Freunden (und ich glaube, hauptsächlich gegenüber jenen guten Freunden, von denen man erwartet, dass sie ‚Nein’ sagen).

Astrid erzählte, dass sie schon häufig von Männern gefragt wurde, ob sie nicht heiraten wolle. Und nicht als Spaß.

Schwierigkeiten habe ich mir selbst eingebrockt, als ich ein paar Bilder von den Kindern aus der Nachbarschaft gemacht habe, Papierbilder diesmal, und sie dann anschließend an die Kinder verteilt. Das sprach sich sehr schnell herum. Und zog immer weitere Kreise. Ich war dann doch bald überfordert. Und sie teilen diese Bilder auch nicht. Wenn drei Leute auf einem Bild sind, dann wollen sie alle drei dieses Bild und ich habe mit Sicherheit danach zwei Leute, die richtig sauer auf mich sind. Wenn ich drei Bilder von den gleichen Leuten gemacht habe, sackt alle drei der erste ein, der sie in die Hände bekommt.

Selbst die Ingenieure, die: ”lass mich doch mal alle Bilder angucken” sagten, waren schwer zu bewegen, Bilder wieder herauszurücken, auf denen auch sie zu sehen waren. Ich habe später dann die Bilder schon vorsortiert und keiner konnte alle Bilder sehen. Wenn aber einmal die Besitzverhältnisse klar waren, dann konnten sie untereinander –manchmal- sich ihre Bilder zeigen. Insgesamt war es aber erstaunlich schwer mit meinen Bildern und hat eher Unfreude gebracht.

19.März