Würde, Freiheit und Gottesebenbildlichkeit im Kontext der heutigen Zeit

Seit Ende des Mittelalters verwandelte sich die urchristliche Lehre, indem der Mensch immer stärker als „zweiter Gott“ (secundus deus) gedeutet wurde. Dieser Gedankenstrang verhärtete sich in der Renaissance weiter und der Mensch hob sich schließlich als grenzenlos gestaltungsfähiger Mensch in „de dignita hominis“ hervor. Die Aufklärung letztlich nahm den autonomen Menschen aus der vorgefundenen Natur heraus, indem ihm die Philosophen eine moralisch-praktische Vernunft zusprachen. Es war Kant, der schließlich verkündete, die Würde besäße einen absolut inneren Wert.

Seit Ende des Mittelalters verwandelte sich die urchristliche Lehre, indem der Mensch immer stärker als „zweiter Gott“ (secundus deus) gedeutet wurde. Dieser Gedankenstrang verhärtete sich in der Renaissance weiter und der Mensch hob sich schließlich als grenzenlos gestaltungsfähiger Mensch in „de dignita hominis“ hervor. Die Aufklärung letztlich nahm den autonomen Menschen aus der vorgefundenen Natur heraus, indem ihm die Philosophen eine moralisch-praktische Vernunft zusprachen. Es war Kant, der schließlich verkündete, die Würde besäße einen absolut inneren Wert. Sie sei es auch, die die Achtung aller anderen Wesen beansprucht. Diese Entwicklungen zeigen, dass der Mensch immer stärker in den Mittelpunkt allen Rechts- und Ordnungsdenkens gerückt ist. Wir messen einen Staat heute daran, inwiefern er dem Menschen dient und nicht umgekehrt.

Die gesamte deutsche Verfassung hat einen stark religiösen Bezug, auch wenn dies heute nur wenig von Bedeutung zu sein scheint. So wird auch in der Präambel des Grundgesetzes das im Christentum wurzelnde Menschenbild aufgegriffen:

Die Gewährleistung des Menschenbildes wird in „Verantwortung vor Gott und den Menschen“ formuliert (vgl. Grundgesetz für die Bundesrepublik, 2006: 10). Die Gewährleistung ist rein staatlich, die Herleitung jedoch religiös. Die Verstaatlichung des ursprünglich rein christlichen Gedankens führte eine Vertauschung des Geltungsrahmens mit sich.

Spricht man bei den Frühchristen von Freiheit, so war dies eine reine Freiheit ihrer Glaubenswahrheit. Obwohl man den Begriff „Freiheit“ zu benutzen wusste, konnten doch nicht alle Menschen diese beanspruchen. Heute jedoch garantiert der Staat in seiner Rechtsordnung allen Personen, ganz gleich ihrer Herkunft, Religion oder Hautfarbe, jegliche Form von Freiheit. Jeder Mensch soll gleich vor dem staatlichen Gesetz behandelt und bestraft werden.

In den westlichen Industrienationen erscheint uns die christliche Wurzel des Artikel 1 des Grundgesetzes fern und nicht greifbar. Fragt man einen Passanten auf der Straße was die Würde denn nun ist, wird sich mit großer Sicherheit keiner der frühchristlichen Gottesebenbildlichkeit besinnen, geschweige denn das Erreichen der Würde mit schrecklichen Strapazen verbinden. Und doch ist es wichtig die Wurzeln des Artikels zu kennen, auf dem unser gesamtes Grundgesetzes basiert.

Die stark zunehmende Säkularisierung der westlichen Nationen verlangt eine noch stärkere Identifizierung religiöser Wurzeln, da unsere Gemeinschaft auf ihr aufbaut. Um die Zukunft zu verstehen, muss die Vergangenheit erst ausreichend behandelt werden.

Dabei Auch die USA ist beispielsweise eine sehr religiös geprägte Gesellschaft: Der Kongress stellt Geistliche an, die die Sitzungen mit Gebeten einleiten; der Präsident fordert seine Bürger jedes Jahr auf, den Thanksgiving zu feiern; jede Sitzung des Supreme Court wird mit einer Bitte um Gottes Schutz eröffnet, eine Strophe der Nationalhymne, das Staatsmotto und eine Prägung der staatlichen Münzen bekunden feierlich das Vertrauen auf Gott, Rechtsdeklarationen, Eide und Eröffnungsreden enthalten Gottesklauseln.

Klar wird: Die christlichen Wurzeln unserer Gesellschaft sind nicht wegzudenken oder wegzurationalisieren, auch wenn sie ursprünglich ganz unterschiedliche Bedeutungen hatten. Problematisch wird heute die Bezeichnung der „Gottesebenbildlichkeit“. Ursprünglich sollte es sich um einen Zustand handeln, der erst im Jenseits erreicht werden kann. Doch heute ist die Biomedizin schon viel weiter und kann Geschöpfe kreieren. Ist dies die moderne Form der Gottesebenbildlichkeit? Die biblische Hoffnung auf das Heil von oben und die Nähe zu Gott hat heute eine erstaunliche Realität erhalten.

Die Worte „Freiheit“ und „Gottesebenbildlichkeit“ müssen heute neu übersetzt werden und in einem modernen Kontext gesehen werden. „Würde“ ist mit Sicherheit ein ursprünglich christlicher Begriff, seine Auslegung jedoch schon lange nicht mehr.

 

Quellenverzeichnis

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Internetadressen:

http://www.koeblergerhard.de/der/DERW.pdf

http://de.wikipedia.org/wiki/Analogielehre#Negative_Aussageweise_.28via_negativa.29

http://www.koeblergerhard.de/derwbhin.html.