Enttäuschungen und Überraschungen bei einer Konferenz der Wirtschaftwissenschaften in Kuba

CICE steht für Internationale Konferenz der Wirtschaftwissenschaften und selbige fand Ende Oktober 2006 in Santa Clara statt. Als Delegierter unserer Fakultät wurde ich zu dieser eingeladen. Das hat weniger etwas damit zu tun, dass man mir etwas Gutes tun wollte, sondern mehr damit, dass die Eintrittsgelder auf westlichem Niveau lagen und gutes Geld mit der Tagung verdient werden konnte und wurde.

CICE steht für Internationale Konferenz der Wirtschaftwissenschaften und selbige fand Ende Oktober 2006 in Santa Clara statt. Als Delegierter unserer Fakultät wurde ich zu dieser eingeladen. Das hat weniger etwas damit zu tun, dass man mir etwas Gutes tun wollte, sondern mehr damit, dass die Eintrittsgelder auf westlichem Niveau lagen und gutes Geld mit der Tagung verdient werden konnte und wurde.

Auf dem Plan standen etwa 180 Präsentationen wissenschaftlicher Arbeiten von einem internationalen Publikum in den Bereichen Wirtschaftsinformatik, Tourismus und allgemeinen ökonomischen Themen. Ich startete die Tagung also erwartungsfroh und freute mich auf Vorträg zu Themen wie „der kubanische Tourismus und seine nachhaltige Entwicklung“, „die globale Wettbewerbsfähigkeit kubanischer Unternehmen“ oder „Kooperativismus versus neoliberaler Wettbewerb“. Ich notierte mir etwa 20 Vorträge, die ich mir anschauen wollte. Am ersten Tag sah ich, wie üblich, keinen davon. Auf mein verzweifeltes Anfragen erklärte mir die Vizedekanin, dass ein guter Teil der Vortragenden nicht angereist sei. Ein anderer Teil meiner Wünsche würde nicht vor dem Symposium diskutiert, sondern lediglich auf Leinwänden ausgestellt.

Einer der ersten Vorträge, die ich sah, wurde von einer Professorin der hiesigen Wirtschaftsfakultät gehalten und beschäftigte sich mit Arten und Wirksamkeit unterschiedlicher Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Der Vortrag war dermaßen enttäuschend, dass ich überlegte mein Geld zurückzuverlangen. Wie man auf einer wirtschaftswissenschaftlichen Tagung einen derart unwissenschaftlichen Beitrag präsentieren kann, in dem keine Zahlen, keine Prozente und keine Sachfakten genannt werden, ist für mich nicht nachvollziehbar. Auch der kausale Zusammenhang zu Kuba fehlte komplett, denn offiziell haben ja hier fast alle Arbeit (die offizielle Arbeitslosenrate beträgt etwa 2.5%). Ein Schüler der Oberstufe hätte mit einem Tag Vorbereitungszeit wahrscheinlich Ähnliches auf die Beine gestellt. Insgesamt waren etwa 60 der 180 Beiträge nicht auffindbar oder fanden gar nicht statt, das ist ein stattliches Drittel. Zu diesem Drittel gehörte der Großteil meiner notierten Veranstaltungen. Einer der Höhepunkt dieses 3-tägigen Events war der Vortrag unseres Dekans, der die Tourismuswirtschaft Mexikos mit der Kubas verglich. Wenigstens er arbeite akademisch korrekt mit allerlei Gleichungen und Elastizitäten und kam überraschenderweise zu dem Schluss, dass Kuba derzeit entscheidend besser aufgestellt sei als Mexiko, jede investierte Geldeinheit bewirke hier mehr positive Effekte in Bezug auf Arbeitsplätze und soziale Wohlfahrt. Zu allem Übel bekam er dafür von den anwesenden mexikanischen Forschern großen Beifall.

Mein tatsächlicher Favorit kam schlussendlich aus Kanada und untersuchte die Auswirkungen des Tourismus in Ballungsgebieten auf  die Gesundheitssituation der Bevölkerung sowie Veränderung der Geschlechterrollen in der Gesellschaft (Gender). Der gute Mann schlug die Kubaner mit den eigenen Waffen, zitierte auf jeder dritten Folie Fidel und übte konstruktive, wenn auch keine systembezogene Kritik.