Der Einfluss der „Teachers Beliefs“ auf den Unterricht und das Beanspruchungserleben

Zu den Handlungsvorrausetzungen von Lehrkräften gehören neben Qualifikationen und Personenmerkmalen vor allem auch „Teachers’ Beliefs“ – die Einstellungen und Überzeugungen. In der Tat spielen gerade diese persönlichen Überzeugungen eine entscheidende Rolle bei der Arbeit. Sich daraus ergebende Ansprüche der Lehrenden wirken sich auf die Handlungen in- und außerhalb des Unterrichts und somit auf das subjektive Gefühl der Belastung und Beanspruchung aus.

Zu den Handlungsvorrausetzungen von Lehrkräften gehören neben Qualifikationen und Personenmerkmalen vor allem auch „Teachers’ Beliefs“ – die Einstellungen und Überzeugungen. In der Tat spielen gerade diese persönlichen Überzeugungen eine entscheidende Rolle bei der Arbeit. Sich daraus ergebende Ansprüche der Lehrenden wirken sich auf die Handlungen in- und außerhalb des Unterrichts und somit auf das subjektive Gefühl der Belastung und Beanspruchung aus.

In der Literatur werden viele Begriffe annähernd synonym genutzt, wie Überzeugungen, Werte, Einstellungen, Glaubenssätze, Wertungen, Meinungen, Ideologien, Konzeptionen, Vorannahmen, Dispositionen, implizite Theorien, persönliche Theorien oder Perspektiven (Pajares, 1992). In der Forschung, die sich mit Lehrkräften beschäftigt hat sich die Bezeichnung Teachers’ Beliefs durchgesetzt. Auf Arbeiten zu diesen Teachers’ Beliefs stützen sich die folgenden Ausführungen. Allgemein ist man in der Literatur einig, dass Überzeugungen einen Einfluss auf die Wahrnehmung, die Informationsverarbeitung und auf die individuellen Erwartungen und Entscheidungen haben. Sie gelten als handlungsleitend (z.B. Calderhead, 1996; Richardson, 1996).

In Anlehnung an Pajares (1992), Richardson (1994; Richardson, 1996), Thompson (1992) und Calderhead (1996) werden im Folgenden vier Aspekte beschrieben, die helfen sollen, Überzeugungen in Abgrenzung von Wissen zu definieren. Im Einzelnen behandeln diese Aspekte existentielle Grundannahmen, Überzeugungen als Alternative, affektive und wertende Aufladung von Überzeugungen und die episodische Struktur der Speicherung. Die existenziellen Grundannahmen zu uns selbst, zur Beschaffenheit unserer sozialen und physischen Umwelt und zur Gewinnung von Erkenntnis sind den Überzeugungen zuzurechnen. Sie bilden die Grundlage zum Erkenntnisgewinn, der Existenz von Wissen und damit zur Orientierung in der Welt und zu allen Handlungen. Es ist beispielsweise eine Frage der Überzeugung, ob man davon ausgeht, dass mathematisches Wissen objektiv und personenunabhängig existiert oder ob eben dieses Wissen individuell konstruiert wird. Auch können sich Überzeugungen als Ideal und damit im Kontrast zur Realität herausbilden. So wird von einer Lehrerin berichtet, die aufgrund kritischer Lebensereignisse in der Kindheit versucht, eine ideale Lernsituation zu kreieren, die nicht an den Erfordernissen der Realität ausgerichtet ist (Nespor, 1987). Weiterhin haftet Überzeugungen eine affektiv-evaluative Komponente an, die sie recht gut von der Sachlichkeit reinen Wissens abhebt. So zeigten Richardson et al. (1991), dass die Überzeugungen von Englischlehrern bezüglich der Quelle von Wissen eng verbunden sind mit Wertungen, wie Lehre vonstatten gehen sollte.

Außerdem wird davon ausgegangen, dass es Unterschiede in der Speicherung von Wissen und Überzeugungen gibt. Während letztere sich aus einer Ansammlung von Erinnerungen vieler- oder einer kritischen Episode ergeben wird Wissen semantisch gespeichert. Dies könne eine Erklärung für die geringe argumentative Beeinflussbarkeit von Überzeugungen im Gegensatz zu Wissen sein. Wie Nespor (1987; Rokeach, 1968) ausführt, bilden Überzeugungen, die ähnliche Themen betreffen Glaubenssysteme mit lockeren Verbindungen zu verschiedenen anderen Überzeugungen, Wissensinhalten, Situationen und Ereignissen. Diese Systeme können in sich inkonsistent sein. So könnte zum Beispiel ein Lehrer einerseits überzeugt sein, dass Schüler ihr Wissen am besten selbständig konstruieren sollten, andererseits jedoch seinen Unterricht vorwiegend mit Lehrervorträgen füllen, weil er dies für die beste Möglichkeit hält, die Disziplin in der Klasse aufrecht zu erhalten. Innerhalb der vernetzten Überzeugungen wird eine Hierarchie von Überzeugungen angenommen (ebd.), welche durch die Zentralität der jeweiligen Überzeugung bestimmt wird. Besonders zentrale Überzeugungen sind zumeist auch die, die bereits vor langer Zeit ausgebildet wurden. Diese sind sehr veränderungsresistent. Belege dafür finden sich bei Pajares (1992). Auch speziell in der Lehrerausbildung ließ sich bereits die Robustheit von Überzeugungen, die den Lehrerberuf betreffen, und die von den Studenten bereits zu Beginn vertreten wurden, nachweisen (Pajares, 1992). Nespor (1987) führt weiter aus, dass Teacher Beliefs besonders wertvoll für das Handeln in komplexen unüberschaubaren Situationen sind, die für Lehrkräfte zum Arbeitsallag gehören. Sie helfen dem Lehrer, das Klassengeschehen zu interpretieren und zu vereinfachen, sich Ziele zu setzen und sich somit in Problemsituationen zu orientieren. Nach Pajares (1992) erfüllen Überzeugungen noch eine weitere Funktionen in der Schule: Sie mindern Verwirrung, stützen die Zuversicht und helfen Individuen, sich miteinander zu identifizieren und sich unterstützende soziale Gruppen zu bilden. Dies kann besonders in Situationen mit erhöhter Beanspruchung als schützende Ressource verstanden werden.

 

Literatur

Calderhead, J. (1996). Teachers: Beliefs and knowledge. In D. C. Berliner, R. C. Calfee (Ed.), Handbook of educational psychology (pp. 709-725). New York: Macmillan.

Nespor, J. (1987). The role of Beliefs in practice of teaching. Journal of Curriculum Studies, 19, 317-328.

Pajares, M. F. (1992). Teachers' Beliefs and Educational Research: Cleaning Up a Messy Construct. Review of Educatuional Research, 62(3), 307-332.

Richardson, V. (1994). The consideration of teachers' beliefs. In V. Richardson (Ed.), Teacher change and the staff development process: A case in reading instruction (pp. 90-108). New York: Teachers College Press.

Richardson, V. (1996). The role of attitudes and beliefs in learning to teach. In J. Sikula, T. Buttery & E. Guyton (Eds.), Handbook of research on teacher education (2 ed., pp. 102-106). New York: Macmillan.

Richardson, V., Anders, P., Tidwell, D., & Lloyd, C. (1991). The relationship between teachers' beliefs and practices in reading comprehension. American Educational Research Journal, 28(3), 559-586.

Rokeach, M. (1968). Beliefs, attitudes, and values: A theory of organization and change. San Francisco: Jossey-Bass.

Thompson, A. G. (1992). Teachers´ beliefs and conceptions: A synthesis of the research. In D. A. Grouws (Ed.), Handbook of research on mathematics teaching and learning: A project of the National Council of Teachers of Mathematics (pp. 127-146). New York: MacMillan.

 

 

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