Unbehelligt am Flughafen in Kabul

Morgens bin ich alleine zum Flughafen, um Arun abzuholen, den Afghanen aus unserer Vorbereitungszeit in Bonn. Arun will in dem Ministerium für Stadtentwicklung arbeiten, ist seit dreißig Jahren nicht mehr in Afghanistan gewesen und hatte etwas Schiss, wieder hierher zu kommen. Erfahrung hatte er aber reichlich mit Stadtentwicklungsprojekten in islamischen Ländern. Als er hörte, für welches Geld wir bereit sind, nach Afghanistan zu gehen, war er sehr still geworden: Er verdient locker das Fünffache. Ich hatte versprochen, ihn abzuholen.

Morgens bin ich alleine zum Flughafen, um Arun abzuholen, den Afghanen aus unserer Vorbereitungszeit in Bonn. Arun will in dem Ministerium für Stadtentwicklung arbeiten, ist seit dreißig Jahren nicht mehr in Afghanistan gewesen und hatte etwas Schiss, wieder hierher zu kommen. Erfahrung hatte er aber reichlich mit Stadtentwicklungsprojekten in islamischen Ländern. Als er hörte, für welches Geld wir bereit sind, nach Afghanistan zu gehen, war er sehr still geworden: Er verdient locker das Fünffache. Ich hatte versprochen, ihn abzuholen. Auch hier wieder: Ein Polizist scheucht alle Afghanen vom Flughafengebäude weg, auch den Neffen des Ministers, bei dem Arun arbeiten wird, mich lässt er unbehelligt. Ich frage einen anderen Afghanen, warum ich denn bleiben darf, nur weil ich Deutscher bin oder Ausländer? Er lacht und sagt: ”Nein, weil Du hier Gast bist!” Unbehelligt gehe ich auch durch die bewachte Eingangstür, unbehelligt durch die zweite Tür innerhalb des Gebäudes, wo andere abgetastet werden. Später traue ich mich sogar in die Empfangshalle, indem ich meinen Pass zeige, mit dem der Soldat so wenig anfangen kann, dass er mich durchlässt. Gemein ist es trotzdem, ihm gegenüber. Sollte ich innerhalb des Gebäudes irgendetwas anstellen, er würde dafür büßen. Und sollte er mich nicht durchlassen und ich beschwere mich, weil ich ein hohes Tier bin, dann büßt er auch. Martina meinte, unsere Wachleute wären genauso übel dran, wenn es tatsächlich einen Überfall gäbe. Wehren sie sich, verteidigen sie uns, dann kann es gut sein, dass sie erschossen werden. Sie selbst haben keine Waffen. Laufen sie weg (was das einzig sinnvolle ist), dann werden sie mehr oder weniger übel von der Polizei bestraft. Zwei Jahre, bevor sie nach Uganda gingen, hat eine Entwicklungshelferin einen Wachmann wegen irgendetwas angezeigt. Der wurde inhaftiert und zu Tode gefoltert. Nachdem ich Arun also sicher bei seinen neuen Arbeitskollegen wusste (auch ein Deutscher arbeitet schon seit längerem in dem Ministerium), bin ich mit dem Taxi wieder zurück. Der Taxifahrer hatte 4 Stunden auf mich gewartet und ich wusste nicht so recht, wie viel er wohl verlangen würde. Er meinte, er wolle gar nichts haben (ein Trick in der Hoffnung, dass ich mich nach oben hin vertun könnte). Ich habe ihm dann 350 Afghani gegeben (ca. 6 €), was wohl auch einigermaßen okay war. Als ich zurückkam, war Karla noch mal da. Sie war mit den anderen bei einem zweiten Frauenprojekt gewesen, während ich am Flughafen war. Karla bewegt sich in und außerhalb Kabuls aber auch ähnlich sicher und alleine wie ich. Astrid und ich sind mit ihr zu Fuß nach dem Unterricht in Richtung ihres Stadtviertels gelaufen und sie ist dann alleine weiter. Klar gibt es noch einzelne Idioten und auch einen Haufen Waffen. Es ist aber auch die Frage, von wem ich mich bestimmen lasse, wer die Straße beherrscht. Ein Idiot oder 100 000 friedliche Menschen. 21.11. Donnerstag