Von Stadt zu Stadt

Des Fensters nicht mächtig auf die harmonisch verzerrte Dorfwelt schauen, von einer großen Stadt in die nächste hasten und sich doch fragen, warum man auf halber Strecke nicht einfach aussteigt und in ein gelbes Rapsfeld springt.

Des Fensters nicht mächtig auf die harmonisch verzerrte Dorfwelt schauen, von einer großen Stadt in die nächste hasten und sich doch fragen, warum man auf halber Strecke nicht einfach aussteigt und in ein gelbes Rapsfeld springt. Manche Beine breiten sich unbewusst aus – sie wollen keinen Krawall und verursachen ihn doch. Zwischendurch erwachen die Geschaeftsreisenden überrascht, reiben sich die Augen, die Haare, täuschen stets eine aufmerksame Haltung vor, um dann nach den Köstlichkeiten der zielbahnhofseigenen Delikatessenhandlung lechzend aus dem Zug zu stolpern. Oh! Was für ein Genuß wird es sein, wenn sie die Antipasti vor sich stehen sehen, welche Freude, solange der Teller noch voll ist! Jeder Bissen ein Schmerz des Abschieds, während die Züge fahren, fahren, andere Züge, überall, in diesem Bahnhof, im ganzen Land, auf dem großen Kontinent und dem kleinen Planeten. Wenn einer der Antipasti Ade sagt, flüstern sich andere vor Hamm etwas zu, und wieder andere stehen enttäuscht und verwirrt auf dem Bahnhof, wo ihre Frau sie doch abholen sollte und nun, na, wo bleibt sie? Ein Gemisch aus Hoffnung und Traurigkeit, doch irgendwann der Entschluß, alleine den Heimweg anzutreten, alleine, ich kaufe mir eben eine Fahrkarte, und in der Melancholie des Einsamen ein Funken Freiheit, der überraschende Moment auf dem Bahnhofsvorplatz, wo die Sonne auf einen hinab scheint, und so viele Leute, der sich gut anfühlt. Grau in grau fährt der Zug los in Berlin Ostbahnhof, grau in grau kommt er in Hannover an, bringt die Schönen und Schicken und Gutangezogenen an den Ort ihrer Wahl, ihrer unfreiwilligen Wahl, denn immer sehnen sie sich nach dem Grün dazwischen, der Ruhe, der Idylle und Beschaulichkeit. Wo der See einsam liegt, wittern sie die Spießigkeit, und doch brennt ihr Herz vor Sehnsucht nach dem klaren, kühlen, wunderbaren Wasser, aber ich wohne in Berlin, oh ja die Weltstadt, und all die Vorteile. Wenn der Geschäftsreisende zu Hause ankommt, er hat den Bus genommen, trifft er genau vor der Haustür seine Frau, oh, wir haben uns wohl verpaßt, ein Schock der Beruhigung durchfährt ihn, sie sitzen im Garten. Es entfällt ihm zur selben Zeit wieder, wie sehr er gerade noch um sie bangte, und während gegenüber die letzten Arbeitstiere die Lichter ausmachen, fährt der erste Geschäftsmann, dort drüben am anderen Ende des Landes, gerade wieder los. Und denk dran, hol mich ab, morgen um vier bin ich da.

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