Das Essen auf dem Schreinerhof in Hezarak

Es gibt zwei Köche hier und die bereiten das Essen und servieren auch. Morgens esse ich mit den Ingenieuren zusammen, allerdings mein Müsli. Das haben sie bestaunt, gemocht haben sie es überhaupt nicht. Mittags war es erst schwierig. Mit meinem Wunsch, mit den Schreiner-Jungs gemeinsam zu essen (der mir natürlich gewährt wurde), habe ich ihr System ein wenig durcheinander gebracht. Das Essen ist halt auch ein Mittel, die Hierarchie auszudrücken. Zum Beispiel bekomme ich früher zu essen als die Lehrlinge. Und ich bekomme oft Obst und nachmittags Tee serviert.

Es gibt zwei Köche hier und die bereiten das Essen und servieren auch. Morgens esse ich mit den Ingenieuren zusammen, allerdings mein Müsli. Das haben sie bestaunt, gemocht haben sie es überhaupt nicht. Mittags war es erst schwierig. Mit meinem Wunsch, mit den Schreiner-Jungs gemeinsam zu essen (der mir natürlich gewährt wurde), habe ich ihr System ein wenig durcheinander gebracht. Das Essen ist halt auch ein Mittel, die Hierarchie auszudrücken. Zum Beispiel bekomme ich früher zu essen als die Lehrlinge. Und ich bekomme oft Obst und nachmittags Tee serviert. Und meine Lehrlinge bekamen am zweiten Tag zuerst kein Essen. Vielleicht ist es gar nicht vorgesehen. Klar, dass sie völlig schlecht draufkamen, besonders Sher Sar stritt sich lauthals mit dem jungen Koch, war offensichtlich auch persönlich beleidigt. Sie bekamen dann doch noch Reste. Zwei Tage später bekomme ich gesagt, dass meine Gehilfen gar nichts zu essen bekommen, es sei denn, sie bezahlen. Sie wissen noch gar nicht, ob sie überhaupt etwas bezahlt bekommen dafür, dass sie mir helfen. Und dann haben sie natürlich auch kein Geld, etwas für das Essen zu bezahlen. Ich habe also dem Koch gesagt, dass ich für sie mitbezahle, wenn sonst niemand bezahlt. Und ihnen, dass sie auf jeden Fall Geld für ihre Arbeit bekommen, notfalls eben auch von mir. Ich sollte für eine Woche 50 Afghani Essensgeld bezahlen (also 1 Euro) und das sei der Preis, den alle bezahlen. Ich habe dann 150 Afghani bezahlt, weil es mir so wenig vorkam. Nach all diesem Nervkram konnte ich mit meinen Arbeitskollegen also endlich regelmäßig zu Mittag essen. Das stellte sich allerdings als gewöhnungsbedürftig heraus. Mit den Händen essen, schmatzen und einer zog nicht mal die Schuhe aus (grob unhöflich in Afghanistan). Ich habe ihn dann auch gebeten, sie auszuziehen, immerhin essen wir in dem Raum, in dem ich schlafe. Nachher sind die Reste überall verstreut und außerdem beziehen sie mich in ihre Runde nicht mal mit ein, sondern Sher Sar setzt sich immer wieder mit dem Rücken zu mir hin. Sie essen aus einem einzigen Teller, ich habe grundsätzlich einen eigenen mit Löffel. Inzwischen befürchte ich, dass ich lediglich eine Art Geldesel bin. Für das Projekt „Schreinerausbildung“ zahlt meine Organisation an die ausführende NGO 6000,- Dollar (später wurde es sogar auf 11500 Dollar erhöht) und das ist eigentlich nur Geld für die Leute, die ausgebildet werden. Ich befürchte – vermute, dass sie das Geld nie sehen werden. Für Material und Ausstattung etc, zahlen sie kein Geld, dürfen sie auch nicht, wegen irgendwelcher Regeln ihrer eigenen Geldgeber. Die ausführende NGO hat dafür aber auch kein Geld und ich kann mir zusätzlich vorstellen, dass das Geld, was mich sozusagen begleitet, in andere Projekte fließt. Bestenfalls. Ich weiß noch nicht, was ich machen soll, wenn mich dann 15 hungrige Mäuler mittags anschauen, die alle kein Geld während ihrer Ausbildung bekommen. In Kabul habe ich (zumindest befürchte ich) ja schon zwei Hungertote/Kältetote gesehen, aber hier, das ist wohl noch mal eine viel härtere Nummer und ich bin viel direkter damit konfrontiert, weil ich die Leute persönlich kennen lerne. Im Vergleich zu ihnen bin ich unendlich reich und es wäre auch kein Problem, das Essen für 15 Leute zu bezahlen. Aber so ist das nicht abgesprochen, dass ich von meinem Verdienst das Gehalt (oder einen Teil davon) meiner Schüler zahle. Außerdem waren heute schon zwei Freunde mit beim Essen dabei, außer meinen Schülern und dem Übersetzer. Ich weiß nicht, woher die kamen und wieso die mitgegessen haben. Und vor allem weiß ich nicht, ob es morgen noch mehr sind. Eine Woche später bekommen die Köche genug Geld für die Lehrlinge, aber das Essen blieb sehr karg. Mehrfach redete ich mit den Köchen, unter anderem bat ich sie, wenigstens nicht noch provozierende Sprüche zu machen. Noch später musste ich einem meiner Lehrlinge verbieten, mit den Köchen zu reden und seinerseits sie zu ärgern.