Der Schreinerhof in Hezarak und spärliche Wohnmöglichkeiten

Angekommen in dem Schreinerhof schaue ich mir meine Wohnmöglichkeiten genauer an: ‚Mein’ Raum ist ca. 3×4 Meter groß, es gibt noch drei andere Wohnräume dort. Die beiden geplanten Klassenräume sind nicht gebaut, auch nicht angefangen; die Schwierigkeiten mit dem Vermieter bestehen angeblich nach wie vor. Es gibt eine Küche in einer Ecke des Hofes, etwa 2,5 mal 2,5 Meter, in der auch der eine Koch schläft. Die Toilette ist an die Außenwand angebaut, ein Raum mit einem Loch im Boden. In dem Waschraum, der mir gezeigt wird, steht der Generator.

Angekommen in dem Schreinerhof schaue ich mir meine Wohnmöglichkeiten genauer an: ‚Mein’ Raum ist ca. 3×4 Meter groß, es gibt noch drei andere Wohnräume dort. Die beiden geplanten Klassenräume sind nicht gebaut, auch nicht angefangen; die Schwierigkeiten mit dem Vermieter bestehen angeblich nach wie vor. Es gibt eine Küche in einer Ecke des Hofes, etwa 2,5 mal 2,5 Meter, in der auch der eine Koch schläft. Die Toilette ist an die Außenwand angebaut, ein Raum mit einem Loch im Boden. In dem Waschraum, der mir gezeigt wird, steht der Generator. Es ist eh nur ein Raum von 1,5 mal 1,5 Meter höchstens, ohne Wasser oder ähnliches. Das Wasser muss mit einem Traktor (oder später mit dem Auto) von woanders her geholt werden. Said Machmat erklärt mir, dass die Lage sich etwas verändert hätte, weil sie jetzt unter der Woche mit 12 Leuten dort wohnen würden, er mit den Baufachleuten, das Medical-Team und die Ackerbau-Berater (die ganzen anderen Leute: Fahrer, Wächter und so weiter hat er gar nicht mit aufgezählt. Die schlafen allesamt in dem vierten Raum). Insofern wäre es auch nicht mehr möglich, mir einen Raum alleine zur Verfügung zu stellen. “Na ja”, sage ich, “das ist schon Bedingung. Ohne eigenen Raum schaffe ich die kulturelle Fremdheit nicht auszuhalten.” Er seufzt: “Das habe ich schon gedacht, ja.” In den folgenden Wochen kann ich feststellen, dass die ÄrztInnen doch nicht in Hezarak übernachten, sondern grundsätzlich zurückfahren (einer von diesem Team blieb mal etwa zwei Wochen bei uns unter der Woche). Der eine Raum war nachts also immer frei. Wahrscheinlich hatte Said Machmat spekuliert, dass der Entwicklungsdienst dann einen Raum für mich ausbauen lassen, den sie hinterher nutzen können. Danach bin ich zu den Schreinern, die weiter an Fenstern und Türen bauten. Ich bekam erzählt (ein alter Mann, der Agrar-Ingenieur Khalid mit sehr guten Englisch-Kenntnissen, aber fürchterlichen Aussprache, war mein Dolmetscher), dass auf dem Gelände zwei Schreinergruppen arbeiten: Einmal die von NGE bezahlten und dann eine Gruppe von drei oder vier sehr jungen Afghanen (schätzungsweise elf, sechzehn und zweiundzwanzig Jahre alt) mit bunten Kappen (die anderen hatten, wenn überhaupt, dann weiße Kappen) an den drei Maschinen: einer Dickte, einer Bandsäge und einer mehrfach kombinierten Maschine, die im Augenblick als Langlochbohrer benutzt wurde. Diese Maschinen würden einem Mann gehören und die Gruppe würde auf eigene Rechnung arbeiten. Sie bauten auch Fenster, aber eben mit Maschinen. Als ich zuerst bei der Strom-losen Gruppe arbeitete, rief mir der Älteste der Bunten-Käppi-Leute (Ghul Zar) etwas mit eher aggressivem Unterton zu. Als ich den Übersetzer holte und ihn bat, es mir zu übersetzen, war die Antwort allgemein und nichtssagend. Die erste Gruppe arbeitete unter einem eher provisorischen Dach, nach vorne und zu je den halben Seiten hin offen. Said Machmat erklärte mir, dass sie diese Stelle mit einer Holz-Glas-Konstruktion zu machen wollten, weil der Lehm jetzt nicht mehr trocknen könne, sie also nicht mehr mit Lehm bauen könnten. Ich schätzte die Außentemperatur auf um die null Grad (anhand des gefrorenen Wassers), wobei ich es nicht so kalt fand, wegen der trockenen Luft und in der Sonne sowieso nicht. Hinterher erfuhr ich, dass es durchaus möglich ist, auch bei diesen Temperaturen mit Lehm zu bauen, zumal es tagsüber in der Sonne selten unter null Grad bleibt. Die Schreiner hatten einen Lehrer, Ali Mohammad, der handwerklich sehr gut war. Im Wettstreit mit mir hobelte (mit einer genialen Art Falzhobel) und sägte er (mit einer Säge, die ich unter den Augen etlicher Zuschauer geschärft hatte), beides besser als ich. Seine Lehrlinge, etwa fünfzehn Jungen und Männer im Alter von acht bis fünfundzwanzig Jahren, waren schon recht gut dafür, dass sie erst etwa fünf Monate in der Ausbildung sind. Unter dem Strich waren die fertigen Fenster allerdings eher unter aller Sau in der Qualität (schiefe Fälze, keine Passung in den Verbindungen, aufgeplatzt entlang der Fasern bei den Nägeln und so weiter), aber funktionsfähig. Glas und Scharniere habe ich keine gesehen. Sie zeigten mir auch ein Gestell, dass noch eine Platte bekommen sollte, eine Art Tisch. Die Paschtunen nutzen es wohl im Winter, machen Feuer darunter und setzen sich mit der ganzen Familie rund herum, unter eine sehr große Decke, um sich zu wärmen. Die Verbindungen dafür waren eine auch in deutschen Lehrbüchern stehende, aufwändige Schreinerverbindung, von einem der Lehrlinge aber nicht passend hergestellt. Die Werkzeuge waren etliche Handsägen, drei, vier Falzhobel, Raubänke (sehr lange Hobel, die in Deutschland gar nicht mehr verwendet werden) zwei, drei Nuthobel, ein paar Dechsel (eine Art Beil) und sehr grobe Stemmeisen und Hämmer. Zum Schärfen gab es Wetzsteine und mehrere Feilen. Ich beobachtete, dass diese Werkzeuge gemeinsam benutzt wurden. Insgesamt hatte ich den Eindruck, dass der Lehrer recht gut ist und dass das Wichtigste, nämlich die Fenster- und Türenproduktion für den Winter, ohne mich ganz gut vonstatten ging. Dass die Qualität noch nicht so dolle war, wusste der Lehrer auch. Dann habe ich eine Weile bei den Maschinenschreinern gearbeitet. Keine der Maschinen hatte auch nur rudimentäre Schutzvorrichtungen, Ohrschutz gab es ebenfalls nicht, obwohl sie beträchtlichen Lärm machten, wie auch der uralte Generator, der so groß war, dass er ein eigenes Dach hatte und mit Hilfe von Wasser aus einem Becken gekühlt wurde. Aufmerksam beobachteten sie, wie ich ein Langloch bohrte. Ich glaube, ich habe die Prüfung bestanden. Nachdem ich praktisch mit allem Handwerkzeug und Maschinen gearbeitet hatte, wusste ich auch nicht mehr so recht, was zu tun sei. Klar ist mir geworden, dass sie alle hoffen, dass ich auch wirklich wiederkomme. Wann ich denn käme? Ich weiß allerdings nicht, was sie sich genau von mir erhoffen. Sonntag, 1. Dezember