Was ist Stress? – Das transaktionale Stressmodell von Lazarus

Das transaktionale Stressmodell der Forschergruppe um Lazarus (Lazarus & Folkman, 1984) hat seit den siebziger Jahren in der Stress‐ und Belastungsforschung einen hohen Stellenwert (Jerusalem, 1990). Im Mittelpunkt des Modells stehen Wechselwirkungen zwischen der Person mit ihren verfügbaren Ressourcen [Diesen ähneln die Handlungsvoraussetzungen nach Rudow (2000).] und einer potentiell beanspruchenden Situation [Im Modell von Rudow wird der Begriff der objektiven Belastung verwendet.] (siehe Abbildung im Anhang). Dabei liegt besondere Bedeutung auf den Bewertungs- und Bewältigungsprozessen, die im Folgenden kurz erläutert werden.

In einem primären Bewertungsprozess (Jerusalem, 1990; Richard S. Lazarus & Folkman, 1984) wird ein Ereignis zunächst subjektiv eingeschätzt, ob es in Bezug auf das Wohlbefinden irrelevant, angenehm‐positiv oder stressrelevant ist. Bei stressrelevanten Situationen wird weiterhin unterschieden, ob sie als Schaden beziehungsweise Verlust, Bedrohung oder Herausforderung zu betrachten sind. Dabei liegen Schaden oder Verlust zeitlich in der Gegenwart oder in der Vergangenheit und sind mit einer Beeinträchtigung des Wohlbefindens verbunden. Bedrohung oder Herausforderung beziehen sich dagegen auf zukünftige Ereignisse, bei denen Erfolg oder Misserfolg antizipiert wird.

Wenn ein Ereignis als stressrelevant wahrgenommen wird, so stellt sich für die betreffende Person weiterführend die Frage, in welcher Weise sie verfügbare körperliche, physiologische, soziale oder materielle Ressourcen einsetzen kann, um den Schaden für das eigene Wohlbefinden auszugleichen, möglichst gering zu halten oder zu vermeiden. Bei diesem sekundären Bewertungsprozess (Jerusalem, 1990; Lazarus & Folkman, 1984) spielen subjektive Wahrscheinlichkeiten eine große Rolle. Einerseits entscheidet die Konsequenz‐ oder Ergebniserwartung, ob mit einem bestimmten Verhalten der gewünschte Erfolg erzielt werden kann. Andererseits drückt die Kompetenz- beziehungsweise Wirksamkeitserwartung aus, ob die Person sich zutraut, die betreffenden Handlungen auszuführen.

Im Zeitverlauf kann die Person durch erste Bewältigungsversuche die Situation verändert sowie neue Informationen oder Ressourcen hinzugewonnen haben. Diese Umstände können zu einer Neubewertung (Jerusalem, 1990; Lazarus & Folkman, 1984) der vorliegenden Situation und der verfügbaren Bewältigungsstrategien führen. Die Prozesse, welche vom transaktionalen Stressmodell dargestellt werden haben sich zu einem großen Teil empirisch bewährt (exemplarisch: Jerusalem, 1990; Lazarus, 1998).

Literatur

Jerusalem, M. (1990). Persönliche Ressourcen, Vulnerabilität und Streßerleben. Göttingen: Hogrefe.

Lazarus, R. S. (1998). Fifty years of the research and theory of R. S. Lazarus. Mahwah: Erlbaum.

Lazarus, R. S., & Folkman, S. (1984). Stress, appraisal and coping. New York: Springer.

Rudow, B. (1999). Stress and burnout in the teaching profession: European studies, issues, and research perspectives. In R. Vandenberghe & M. A. Huberman (Eds.), Understanding and preventing teacher burnout: a sourcebook of international research and practice (pp. 38‐58). Cambridge: Cambridge University Press.

Schwarzer, R. (2000). Streß, Angst und Handlungsregulation (4 ed.). Stuttgart: Kohlhammer.

Andere Artikel zum Thema

One thought on “Was ist Stress? – Das transaktionale Stressmodell von Lazarus

Comments are closed.