Interkulturelle Kommunikation im Taxi, Besuch bei Karla und die Situation der Frauen in Afghanistan

Wieder im Gästehaus zurück, machte ich mit “unserem” Taxifahrer (Nahim) aus, dass er nach Einbruch der Dunkelheit (also nachdem er zu Hause etwas essen konnte) zu uns kommt und mich abholt. Ich wollte an dem Abend zu der Karla , die mir den Kontakt zu einer afghanischen Frauenorganisation vermitteln wollte. Ich hatte schon in Deutschland versucht Kontakt zu der Organisation auf zu nehmen, weil ich hoffte, mit ihnen auch etwas für afghanische Frauen tun zu können. Mir war klar, dass ich sonst als Schreiner-Ausbilder nur mit Männern zu tun haben würde.

Wieder im Gästehaus zurück, machte ich mit “unserem” Taxifahrer (Nahim) aus, dass er nach Einbruch der Dunkelheit (also nachdem er zu Hause etwas essen konnte) zu uns kommt und mich abholt. Ich wollte an dem Abend zu der Karla , die mir den Kontakt zu einer afghanischen Frauenorganisation vermitteln wollte. Ich hatte schon in Deutschland versucht Kontakt zu der Organisation auf zu nehmen, weil ich hoffte, mit ihnen auch etwas für afghanische Frauen tun zu können. Mir war klar, dass ich sonst als Schreiner-Ausbilder nur mit Männern zu tun haben würde. Der Taxifahrer kam mit seinem Sohn und seinem Bruder, außerdem kam noch unser Englisch-Sprechender Wächter Mohammad mit. Zuerst dachte ich, er wolle irgendwo hin, aber ich glaube, er ist nur mit, um mir zu helfen. Nahim lobte mich über den grünen Klee, ob meiner Sprachbemühungen. Einmal lachte das ganze Taxi, als es mir nach vielen Versuchen immer noch nicht gelang einen bestimmten Konsonanten richtig auszusprechen. Der Fahrer sagte irgendwann: “I love you!”. Auf Englisch erzählte ich dann, dass ich es schön fände, so oft in Kabul Männer Hand in Hand laufen zu sehen. Wir Männer in Deutschland wären nicht so gewöhnt, uns all zu lange zu berühren, schon gar nicht, Hand in Hand zulaufen. Auch “Ich liebe Dich” würden wir nicht so zueinander sagen. Nahim war etwas vor den Kopf gestoßen und Mohammad versuchte das “I love you” zu entschuldigen. Schade, so hatte ich es gar nicht gemeint. Später waren alle auch weniger herzlich zu mir, sondern vorsichtiger – Interkulturelle Kommunikation. Wir fanden das Haus von Karla nicht. An einem Haus mit deutscher Flagge klingelten wir. Falsch, aber ein Wächter holte den deutschen Mieter, der auch nicht helfen konnte. Der Wächter setzte sich zu uns ins Auto und zeigte uns ein weiteres von Deutschen bewohntes Haus, das auch falsch war. Schließlich wurde klar, dass dieses Viertel dreimal eine 15te Straße hat. Beim vierten oder fünften Versuch und der Hilfe von inzwischen mindestens 20 Afghanen waren wir endlich richtig. Ich war froh, den englischsprachigen Mohammad dabei zu haben in der dunklen Stadt. Ich verabredete mich für in einer Stunde, weil Nahim bald wieder nach Hause wollte. Karla wohnte in einem Gästehaus, dass ein Afghane selbst gemietet hat (auch für 3000 Dollar im Monat) und weitervermietet an deutsche Gäste. Drei Bedienstete waren dort und Karla fragte mich, ob ich Tee möchte und gab den Auftrag dann an einen Afghanen weiter. Sie ist Fotografin und in Afghanistan, um die Soldaten von ISAF (auf Patrouille z.B.) und Frauenprojekte zu fotografieren. Sie erzählte, dass sie vier Wochen da ist (die meisten Journalisten sind zwei, drei Tage da) und schon mehrere Einladungen zu Afghanen nach Hause angenommen hat. Dann erzählte Karla mir von der Frauenorganisation: Zuerst kam ein Mann zu ihr, um zu gucken, ob auch alles okay ist, wo sie wohnt usw., ob es nicht eine Falle ist. Später kamen dann zwei Frauen zu ihr, eine davon Übersetzerin, und haben sie abgeholt, um insgesamt drei Alphabetisierungs-Projekte anzuschauen. Eine Frau von der Organisation betreut bis zu 50 Alphabetisierungskurse, meist aber nur, in dem sie die Kontakte zwischen lern- und lehrwilligen Frauen herstellt. Ein Kurs hatte eine Lehrerin, die vormittags in der Schule arbeitet und nachmittags in ihrem Haus Frauen unterrichtet. Ein anderer Kurs lief mit Prostituierten, um die sich niemand kümmert, deren Existenz komplett verleugnet wird. Eine Frau dieses Kurses erzählte, sie werde von ihrem heroinabhängigen Mann zur Prostitution gezwungen. Eine andere Frau war 27 Jahre, hat zwei Kinder und ihren Mann durch eine Amibombe verloren und lebte nun mit ihren Kindern alleine. Wir überlegten, wie und wo die Prostituierten sich wohl in Afghanistan anbieten. Ob wohl die Frauen, die ich in den Straßen unter dem Tschadori habe im Straßenstaub sitzen sehen, öfter auch Prostituierte sind? Karla erzählte, dass die Frauen aus diesem Projekt sie eingeladen haben, wieder zu kommen und die AFA- Frau klargemacht hat, dass sie dann wieder dabei sein will. Wir überlegten, ob sie die Frauen schützen will oder Angst hat die Kontrolle zu verlieren. Eine Hühnerfarm wollte sie sich noch ansehen und erzählte von einem Projekt mit Kühen. Wobei sie sich nicht vorstellen konnte, wie die Kühe verteilt würden und woher die wohl kommen. Die Frauen mit denen sie zu tun hatte, waren schon vor 13 – 15 Jahren der Frauenorganisation beigetreten. Drei von etwa 2000 Frauen, die für Organisation arbeiten. Eine Frau erzählte, dass sie unter den Taliban in Herat gearbeitet hatte und für einige Frauen High- School- Kurse gegeben hat. Sie ist selbst unverheiratet, hat in sympathisierenden Familien mit gelebt und sich als Schwester oder Tochter ausgegeben. Dann war eine Stunde um und ich musste zu meinem Taxi. Es saßen noch alle vier darin, der Junge schlief. Es war mir etwas peinlich, aber ich hatte sie nicht mit hineinnehmen können. Keine Ahnung, was sie in der Zeit getan haben. Gefragt hab ich, aber keine richtige Antwort bekommen. Auf dem Rückweg fragte mich Nahim, ob ich einen Job für seinen Bruder hätte, wo ich doch für die Deutschen arbeite. So richtig konnte ich nichts versprechen, fragte aber nach seinen Qualifikationen. Metallbauer, Sanitär. “I will see, what I can do”. Wie viel er für die Taxifahrt wolle, fragte ich. Nichts, war die Antwort. Das hatte ich schon erwartet und mir überlegt, wie viel ich dann wohl geben muss, damit es OK ist. Zwei Dollar bezahlt ihm der Entwicklungsdienst am Tag (das Auto gehört ihm nicht) das sind 120 Afghani. Also habe ich das Höchste angeboten, was ich bisher für ein Taxi bezahlt hatte, nämlich 200 Afghani (Mohammad fragte ich, ob er meine, das sei OK). Doof war wahrscheinlich, dass ich kumpelhaft lachte, als Nahim sagte, er wolle nichts. Ich weiß natürlich auch jetzt noch nicht, ob er sich mehr erwartet hat, immer hin war es eine Nachtfahrt und eine Stunde Zwischenzeit. Auch ob Mohammad, der mir ja wirklich auch geholfen hatte, vielleicht etwas wollte, weiß ich nicht. Allerdings war es auch seine Arbeitszeit. Ein zweiter Wächter war im Haus geblieben. Zum Glück gab es Nudeln zum Aufwärmen, als ich nach Hause kam. 14. November