Zuschauer und Zugucker bei der Arbeit in Afghanistan

Und dann sind da noch all die Leute, die mich fragen, ob sie für mich arbeiten können. Jeden Tag etwa zwei, drei Leute, junge, alte. Inzwischen habe ich meine drei Jungs soweit, dass sie für mich erklären, dass nicht ich, sondern Said Machmat entscheidet. Sie überwachen auch ganz eifersüchtig, was ich sage. Einmal habe ich versucht, selber einem älteren Herrn zu sagen, dass ich sehr gerne mit ihm arbeiten würde, nur leider Said Machmat das entscheidet. Das fand Sher Sar nicht so gut, weil ich kurz zuvor auch ihm gesagt habe, dass ich gerne mit ihm arbeite.

Und dann sind da noch all die Leute, die mich fragen, ob sie für mich arbeiten können. Jeden Tag etwa zwei, drei Leute, junge, alte. Inzwischen habe ich meine drei Jungs soweit, dass sie für mich erklären, dass nicht ich, sondern Said Machmat entscheidet. Sie überwachen auch ganz eifersüchtig, was ich sage. Einmal habe ich versucht, selber einem älteren Herrn zu sagen, dass ich sehr gerne mit ihm arbeiten würde, nur leider Said Machmat das entscheidet. Das fand Sher Sar nicht so gut, weil ich kurz zuvor auch ihm gesagt habe, dass ich gerne mit ihm arbeite. Alisardar, ein anderer der drei, versteht leider nur sehr wenig Dari, musste ich feststellen. Die Menschen hier sind ja Paschtunen, die zu Hause nur Pashtu sprechen. Das erschwert meine Verständigung natürlich noch mal. Alisardar ist ein ganz Vorsichtiger, eher Schüchterner, der sich immer bedankt und richtig freut, wenn ich ihm etwas erkläre. Anfangs haben die Drei mir einiges nachgemacht, meine wenigen Dari- Worte ständig wiederholt und gelacht. Ich habe dann einen der Ingenieure gebeten, mich zu übersetzen. Ich sagte, dass ich versuchen würde, so schnell wie möglich Dari zu lernen, es jetzt aber noch nicht gut könne, dass ich aber darum bitten würde, mich nicht nachzumachen. Das hat gewirkt. Ich kann nur hoffen, dass der Ingenieur den richtigen Tonfall getroffen hat. Noch habe ich keinen Übersetzer, aber auf die Art lerne ich natürlich auch schneller. Ich werde meinen Übersetzer bitten, mich nur zu übersetzen, wenn ich nicht weiterkomme. Einmal nahm einer der zahlreichen Zugucker meinen Holzhammer und schlug Scherzes halber auf Sher Sar ein. Ich habe auch gelacht und gesagt, dass das Werkzeug zum Arbeiten da sei, nicht zum Schlagen. Das war wohl nicht ganz die richtige Ebene gewesen. Er wurde tief rot vor Scham und ist weggegangen. Meist sitzen so zwei, drei mit im Container und gucken zu. Manchmal ist der ganze Container voll, wenn es etwas Interessantes gibt. Arbeiten ist dann fast nicht mehr möglich, was außer mir aber auch keinen stört. Ich versuche, möglichst alle zu grüßen, kann mir aber natürlich überhaupt nicht merken, wen ich schon gegrüßt habe. Die meisten freuen sich sehr, wenn ich mit ihnen rede, aber es gibt auch Gesichter, die finster bleiben (wenn sie nicht extra freundlich gucken, sind für mich fast alle Gesichter erst mal finster). Ein älterer Mann mit Turban kam vorbei und sprach mich an, ob ich irgendetwas bräuchte (weil ich gerade etwas in mein Buch geschrieben habe). „Ja,“ sagte ich, „ich brauche Bleistifte, aber die kaufe ich am Wochenende in Kabul.“ Wie viel ich denn bräuchte, er könne die auch besorgen. Ach, sagte ich, ich wollte so zehn Stück kaufen. „Aber ich will die kaufen,“ meinte ich noch sicherheitshalber. Nein, Nein, er würde mir die schenken. Tatsächlich, am nächsten Tag brachte er mir die zehn Bleistifte (allerdings sehr schlechte) und verschwand sofort. Hermid, ein sehr netter Ingenieur und etwas älter als ich, meinte zu mir: „Ich möchte Dein Freund sein, wenn Du es auch magst.“ Ich zögerte und sagte: „Ich bin sehr stolz, wenn ich Dein Freund sein darf, allerdings weiß ich nicht, ob ich Deine Erwartungen erfüllen kann. Unsere Kulturen sind verschieden und ich werde Sachen machen, die für Dich nicht in Ordnung sind.“ Er lachte und meinte: „Das werden wir schon hinkriegen.“ Dann sagte er zu mir: „Der, der die Bleistifte gebracht hat, ist ein bisschen komisch. Mach Dir kein Problem daraus. Du brauchst es nicht ändern, brauchst ihm auch nichts zurückzuschenken.“ Ein anderer älterer Mann kam und erklärte, dass er auch Schreiner wäre und sehr gerne mit mir oder für mich arbeiten würde (wie so viele). Er würde auch gerne zu Hause arbeiten, aber er hätte noch nicht einmal eine Säge, ob ich nicht eine für ihn hätte. Ich war ziemlich beschäftigt mit meinen Gedanken und bat nur einen der Jungs, ihm zu sagen, dass Said Machmat dafür zuständig sei. Später, als ich allein war, hatte ich ein schlechtes Gewissen, ihn so unhöflich abgewiesen zu haben und bat den Dritten der Jungs, Said (dessen Onkel es wohl war), mir seinen Namen zu sagen und mich zu entschuldigen, dass ich so kurz angebunden war. Prompt stand er ein paar Stunden später wieder vor meinem Container. Ich denke nun, dass ich ihm eine Säge von meinem Geld schenke. Allerdings ist auch klar, dass er eigentlich von mir viel mehr will, als nur eine Säge….