Wütende Statements über die Frauenhilfeorganisation

Abends habe ich die Gelegenheit mit der Afghanin Zaira, die längere Zeit in Deutschland war, über die Frauenhilfeorganisation zu reden. ‚Zu reden’ ist eigentlich nicht der richtige Ausdruck: Sie ist innerhalb kürzester Zeit hochgegangen wie eine Rakete und hat nur noch auf diese Organisation geschimpft: Diese NGO wäre gar nicht in Kabul, sondern in Pakistan, die illegalen Mädchenschulen unter den Taliban hätte gar nicht AFA gemacht, sondern andere Frauen. Sie würden jetzt nur so tun, als wären sie das gewesen und würden genug Geld bekommen, andere seien viel bedürftiger.

Abends habe ich die Gelegenheit mit der Afghanin Zaira, die längere Zeit in Deutschland war, über die Frauenhilfeorganisation zu reden. ‚Zu reden’ ist eigentlich nicht der richtige Ausdruck: Sie ist innerhalb kürzester Zeit hochgegangen wie eine Rakete und hat nur noch auf diese Organisation geschimpft: Diese NGO wäre gar nicht in Kabul, sondern in Pakistan, die illegalen Mädchenschulen unter den Taliban hätte gar nicht AFA gemacht, sondern andere Frauen. Sie würden jetzt nur so tun, als wären sie das gewesen und würden genug Geld bekommen, andere seien viel bedürftiger. Und die Frauen, die dort gefördert würden, kämen sowieso alle aus der Oberschicht. Das meiste, was die Frauen dort erzählen, sei gelogen. Die Organisation würde nur im Untergrund arbeiten. Alle Afghanen seien wütend auf sie. Alle wüssten auch, dass es eine maoistische Kadergruppe sei und sie sich nur gut tarnen würden. Früher hätten sie sogar Kinder erschossen, die ihnen im Wege standen. Alle Schriftsteller und Intellektuelle, die vor den Russen nicht geflohen seien, würden sie in ihren Schriften persönlich angreifen, beleidigen und diffamieren. Dieses wütende Statement gipfelte in der Aussage: Diese NGO hat kein Platz in Afghanistan. Dass diese Frauenhilfeorganisation manchmal sehr diffamierend und persönlich verletzend schreibt, hatte ich anhand eines Textes selbst gelesen. Das ist oft politisch nicht besonders klug, aber nachvollziehen konnte ich das: So viele Vergewaltigungen, Morde, Gräueltaten…Ich kann verstehen, das frau das alles zum Beispiel einem Dostum (der Usbekengeneral, der erst im Dienste der Sowjets, später in wechselnden Koalitionen gegen die Sowjets sich besonders durch systematische Vergewaltigungen und Folter hervortat) nicht verzeihen mag. Die anderen Vorwürfe hatte ich zum Grossteil schon gehört: So war der Mann von Adela, der hochverehrten und ermordeten Gründerin, zwar Maoist, aber in ihren Schriften konnte ich keinerlei Anzeichen dafür finden, dass die Organisation deshalb auch maoistisch ist. Ich kann auch keinen Sinn darin sehen, sich bis zur völligen Selbstaufgabe zu tarnen. Komisch auch bei all diesen Hasstiraden, dass niemand mir in irgendeiner Form seine Urteile gegen AFA belegen konnte. Zaira versprach mir zwar, mir einen Text zu besorgen, hat sie aber nie getan. Ich fürchte, dass außer einer bloßen Wiederholung ihrer Diffamierungen, auch in dieser Schrift nichts anderes zu finden gewesen wäre. Manchmal denke ich, dass es möglicherweise ein Konflikt in der Art ist, wie ihn auch hier zu Lande bürgerliche Frauen mit radikalen FrauenLesben haben: Der Vorwurf, ein durch und durch gewalttätiges System mitzutragen auf der einen Seite und der Vorwurf, durch Systemopposition kleine Schritte der Veränderung zu gefährden auf der anderen Seite. Na ja, trotz allem hat mich ihre Reaktion ziemlich verunsichert, weniger intellektuell, sondern vielmehr emotional. Ich dachte drüber nach, lieber etwas anderes zu machen und wie ich mich wieder von der Organisation zurückziehen könne, nach dem ich die ersten Schritte auf sie zugegangen war. Am meisten verunsichert mich im Grunde bei allen Projekten, die ich gesehen habe, sowohl von Care als auch von der Frauenhilfeorganisation, dass ich kaum bis gar nicht überprüfen kann, ob die ganze Projektdarstellung, nur Show ist oder auch Wirklichkeit. Ich kann noch nicht mal wissen, ob die Mädchen, die ich in dem einen Haus gesehen habe, nicht in Wirklichkeit auf eine normale Schule gehen. Nadia sagt, sie seien schon zu alt, was gut stimmen kann. Dienstag, 26. November