Mitte November fand in der nach dem Revolutionär Camillo Cienfuegos benannten Stadt ein Karneval statt, der mich stark an Bilder erinnerte, die ich sonst nur von Reportagen aus Brasilien kannte. Prachtvoll gestaltete Wagen mit bunt kostümierten Tänzern und Tänzerinnen schoben sich an der karibischen Promenade der Stadt entlang.
Mitte November fand in der nach dem Revolutionär Camillo Cienfuegos benannten Stadt ein Karneval statt, der mich stark an Bilder erinnerte, die ich sonst nur von Reportagen aus Brasilien kannte. Prachtvoll gestaltete Wagen mit bunt kostümierten Tänzern und Tänzerinnen schoben sich an der karibischen Promenade der Stadt entlang. Zehntausende von Menschen wohnten dem Spektakel bei und verwandelten die kleine Hafenstadt in eine pulsierende Metropole. Auf riesigen Bühnen traten bekannte kubanische Bands auf und auf festlichen Umzügen präsentierten Künstler typisch kubanische Tänze. Der Staat lässt sich das kulturelle Leben auf der Insel Einiges kosten, auch in Santa Clara gibt es wöchentlich zwischen zwei und drei Konzerte, oft von international bekannten, kubanischen Größen. Das alles kostet die Kubaner nichts.
Das eigentlich prägende Erlebnis dieses Abends war der Versuch nach Hause zurückzukehren. Das wie immer defizitäre Verkehrswesen zeigte sich von seiner besten Seite und es gab für viele hundert Leute genau einen Zug nach Santa Clara gegen vier. Wohl wissend, was den Leuten bevorstünde, wenn sie diesen Zug nicht bekämen, brach die übliche Drängelei vor dem Kartenhäuschen aus. Eigentlich normal, denkt man sich. Nur an diesem Tag entschieden die Polizisten im Bahnhof, dass der Einsatz von Tränengas angebracht wäre. Dieses kam gleich mehrfach und völlig grundlos zum Einsatz. Keiner der vielen Passagiere verursachte Probleme, keiner schmiss Flaschen, niemand wurde verletzt, auch die Polizisten wurden nicht beleidigt. Wenig später verließ der Zug überfüllt wie immer den Bahnhof und ließ Massen von Studenten mit stark angeschwollenen Gesichtern zurück, die vor dem Bahnhofsgebäude versuchten sich die Reste der ätzenden Substanz aus dem Gesicht zu waschen. Auf meine Frage nach dem Grund dieses Einsatzes antworte der verantwortliche Polizist, dass ich das als Ausländer nicht verstehen würde. Die Kubaner wüssten an vielen Orten nicht sich zu benehmen. Man müsste dafür sorgen, dass der Respekt gegenüber der Öffentlichkeit gewahrt würde. Der Repressionsapperat funktioniert hier so gut, dass sich nicht einmal jemand traut die Handlung der Polizisten in Frage zu stellen – macht einen wahrscheinlich ohnehin gleich zum Konterrevolutionär.
Der Großteil der Anwesenden schlief also anschließend auf dem Bürgersteig, da andere Möglichkeiten zur Heimkehr nicht existierten. Das änderte sich auch am nächsten Morgen nicht. Wir konnten schließlich nach unzähligen Versuchen gegen 8.30 Uhr ein illegales Taxi anwerben, das uns für einen Betrag von mehreren kubanischen Monatslöhnen nach Hause fuhr.
Cienfuegos ciudad
1829 wurde der Ort nach dem spanischen Generalgouverneur José Cienfuegos benannt. Da hat Camilo (nicht Camillo) Cienfuegos noch lange nicht gelebt.
Liebe Grüße