Ursachen und Probleme der Produzenten von Kaffee durch Niedrigpreise und Auswirkungen auf die Qualität des Kaffees waren Gegenstand des ersten Teils. Der zweite Teil beschäftigt sich mit Alternativen zu dieser Entwicklung. Welche Alternativen existieren um der Kaffeepreiskrise entgegen zu wirken und den Kaffeeproduzenten ein angemessenes Einkommen zu ermöglichen? In diesem Abschnitt werden zum einen die Möglichkeiten im traditionellen Kaffeesektor als auch die Chancen im alternativen Kaffeesektor angesprochen, wobei ein besonderes Augenmerk auf den letzteren gelegt wird.
Exportdiversifizierung
Die generelle Exportdiversifizierung, d.h. die Umorientierung der Produzenten auf alternative Exportprodukte mit einer höheren Rendite soll hier an erster Stelle genannt werden. Aufgrund der Marktsättigung in den USA und in Europa ist die Begrenzung der weiteren Ausweitung des Kaffeeangebots von Nöten, solange neue Märkte noch nicht erschlossen sind. Dies bedeutet die Umleitung von Investitionen und die Umnutzung alter Kaffeeflächen von risikofähigen Unternehmen und damit die Entlastung des Marktes zugunsten kleinerer Einheiten. Das Problem hierbei ist, dass besonders die Kleinproduzenten unter den niedrigen Kaffeepreisen leiden und ihnen jegliches Kapital für eine Umrüstung oder Diversifizierung der Anbauprodukte fehlt. (Vgl. Stamm 1999, S. 404)
Nachfragesteigerung
Die ICO hat einen Fonds aufgelegt, aus dem Werbemaßnahmen für Kaffee in potenziellen Konsumländern finanziert werden, wie zum Beispiel in China und Russland. Der Erfolg hält sich aber sehr in Grenzen, da in diesen Ländern andere traditionelle Konsumgewohnheiten vorherrschen, die schwer zu erschüttern sind und es zudem an Kaufkraft fehlt. (Vgl. Stamm 1999, S. 404)
Vertikale Integration
Eine Möglichkeit der erhöhten Wertschöpfung bei der Kaffeeproduktion ist die vertikale Integration der Kaffeewirtschaft, d.h. die Integration von Verarbeitungsstufen von Kaffee im Erzeugerland. Durch die Verflechtungen mit anderen Wirtschaftssektoren können weiterführende Entwicklungsprozesse angestoßen werden. An die Stelle der einfachen landwirtschaftlichen Massenproduktion treten die Entwicklung und Koordinierung von mehrstufigen agroindustriellen Produktionsketten.
Die meisten kaffeeerzeugenden Länder aber produzieren Rohkaffee. 95% der weltweiten Kaffeeexporte sind Rohkaffee. Von den verbleibenden fünf Prozent sind 95% löslicher Kaffee und nur ein verschwindend kleiner Anteil (5%) ist Röstkaffee. Warum wird in nur so geringen Mengen Röstkaffee exportiert? Der Export von Röstkaffee wird vor allem durch die Struktur der Märkte in den Industrieländern erschwert. Der Kaffeemarkt in den USA und Europa ist schwer umkämpft und wird von wenigen Großanbietern dominiert. Zudem existiert eine starke Konzentration des Einzelhandels. Eine hohe Startinvestition erschwert die Platzierung einer neuen Marke mit landesweiter Verteilung.
Es existieren aber auch technische Probleme des Exportes von Röstkaffee, da dieser schnell an Aroma verliert. Nur Vakuumverpackungen bieten einen bedingten Schutz. Der Kundenwunsch in den einzelnen Ländern ist sehr unterschiedlich. Eine hohe Marktkenntnis und eine flexible Produktion sind unabdingbar. Der Verbraucher ist an Geschmack und Aroma einer Marke gewöhnt, welche nur durch den ständig angepassten Verschnitt von Rohware unterschiedlicher Herkunft erreicht werden.
Ein weiterer wichtiger Grund für den geringen Export von Röstkaffee ist die fehlende Möglichkeit der Weiterverarbeitung von Kaffee für Kleinproduzenten, da es ihnen an Kenntnis und vor allem an Kapital fehlt.
Bis heute findet der im Herkunftsland fertig verarbeitete Kaffee nur im Spezialitätensegment der USA und im Fairen Handel Europas Absatz. Nur in diesen Marktnischen werden Schwankungen der Produkteigenschaften durch die Verbraucher toleriert. (Vgl. Stamm 1999, S. 405)
Spezialitäten
Anstatt auf Masse zu produzieren bietet der Handel mit Kaffeespezialitäten die Möglichkeit ein höheres Einkommen zu erzielen, da für Kaffee besserer Qualität höhere Preise bezahlt werden als für herkömmlichen Kaffee. Besonders der nordamerikanische Markt ist ein potentieller Absatzmarkt. In den Jahren 1983 bis 1994 ist der Marktanteil von Spezialitäten von 3,6% auf 31% gestiegen. Die Produktion von Kaffeespezialitäten wird keine große Nachfragesteigerung bewirken, da vorwiegend die Massenware durch hochwertige Spezialkaffees ersetzt werden. Für die Produzenten aber bedeutet der Verkauf ein höheres Einkommen, da die Preise für Spezialkaffees deutlich über dem Börsenniveau liegen. (Vgl. Stamm 1999, S. 404f)
Kaffee aus biologischem Anbau
In den letzten Jahren sind bei den Verbrauchern das Umweltbewusstsein und damit die Nachfrage für Kaffee aus biologischem Anbau gestiegen. In vielen Konsumländern steigt die Bereitschaft für ökologisch produzierten Kaffee einen höheren Preis zu bezahlen. Immer mehr Kaffeeproduzenten sehen in diesem Marktsediment ihre Chance und steigen auf die Produktion von ökologischen Kaffee um. Weltweit wird auf ca. 205.000 ha ökologischer Kaffee angebaut, 80% der Anbauflächen liegen in Lateinamerika (Mayer 2003, S.33). Das weltweite Handelsvolumen von Biokaffee weist hohe Wachstumsraten von jährlich 15-18% (Mayer 2003, S.33) auf. Die USA und Deutschland sind die wichtigsten Hauptimporteure. In den USA ist die Sorte „Organic Coffee“ die wichtigste Kaffeespezialität. In Europa ist biologischer Kaffee im Rahmen des Fairen Handels von großer Bedeutung.
Durch eine erhöhte Nachfrage von Biokaffee kann eine weitere Produktionsausweitung der Kaffeeanbauflächen verhindert werden. Die internationalen Richtlinien für Biokaffee schreiben den extensiven Anbau in Mischkultur vor. Eine Hochertragsproduktion ist daher nicht möglich. Ein Rückbau bereits technisierter Kaffeepflanzen ist vom langfristig zu erzielenden Mehrpreis für Biokaffee abhängig, da der Anbau von biologischen Kaffee sehr arbeitsintensiv ist. Familienbetriebe eignen sich für die Erzeugung von Biokaffee besonders, da die arbeitsaufwendigen Prozesse nicht unmittelbar steigende Lohnkosten bedeuten. In den Ländern, wo lokale Preise für Arbeit und Land niedrig sind, ist der Anbau von Biokaffee besonders rentabel. (Vgl. Bickert / Nenke / Oheim 1998, S.162, Mayer 2003, S.33 und Stamm 1999, S.405)
Charakteristika der organischen Kaffeewirtschaft
Bevor sich dem Thema biologischer Kaffee intensiver gewidmet wird, muss zuerst geklärt werden, was Kaffee aus biologischem Anbau bedeutet und worin die Unterschiede zum herkömmlichen Kaffee bestehen.
Der wichtigste Unterschied liegt in der Anbau- und Verarbeitungsweise des Kaffees. Bei Biokaffee wird bewusst auf künstliche Agrochemikalien verzichtet und verantwortungsbewusst mit den im Produktionsprozess benötigten natürlichen Ressourcen umgegangen. Natürliche Nährstoffe werden zur Düngung wieder verwendet. Es entsteht ein geschlossener Nährstoffkreislauf. Die Anbauflächen werden diversifiziert, d.h. andere Nutzpflanzen wie Tomaten, Bohnen, Paprika und Mais mit angebaut. Durch die Nutzung von Schattenbäumen wird eine bessere Qualität der Kaffeekirschen erzielt. Mit der Verwendung von Zwischenfrüchten und Schattenbäumen wird zudem die Ausbreitung von Plagen und Krankheiten vermindert, deren Verbreitung in Monokulturen sowohl ökologische als auch ökonomische Schäden verursachen. Die von den Schattenbäumen herhabfallenden Blätter bieten einen Erosionsschutz und geben gleichzeitig Nährstoffe an den Boden weiter. Durch die Bodenbedeckung wird zudem das Austrocknen der Böden verhindert. Folglich können die Kaffeepflanzen auf eine relativ gleichmäßige Wasserzufuhr zurückgreifen. Die agrochemische Plagen- und Schädlingsbekämpfung wird durch den vermehrten Einsatz mechanischer Pflegemaßnahmen wie Schneiden, Beschatten, Blattentfernen, etc. als Prophylaxe ersetzt. Die Verwendung von Kalk zur Bekämpfung des Kaffeerosts („roya“) ist in der biologischen Anbauweise zulässig. (Vgl. Bickert / Nenke / Oheim 1998, S.157f)
Argumente für den Wechsel zur ökologischen Kaffeewirtschaft
Unterschiedlichste Gründe sprechen für einen Wechsel zur ökologischen Kaffeeanbauweise. Im Folgenden werden einige soziale, ökologische und ökonomische Argumente aufgezeigt. Mit dem Anbau von Biokaffe verhält sich der Kaffeeproduzent verantwortungsbewusst gegenüber der Umwelt und sichert so nachhaltig das zukünftige Einkommen seiner Familie. Er kann sich mit einem gesunden Produkt identifizieren und erwirbt neue Erkenntnisse über den Kaffeeanbau. Mit dem Verzicht von Chemikalien gehen gesündere Arbeitsbedingungen für den Produzenten und seine Arbeitskräfte einher.
Mit der Umstellung auf den extensiven Anbau in Mischkultur wird die Fruchtbarkeit und Qualität der Böden wieder hergestellt und gesichert. Durch die natürliche Anbauweise bekommen die Kaffeepflanzen und Kaffeekirschen eine gesündere Ausprägung. Die durch die Kaffeewirtschaft bedingte Umweltverschmutzung wie kontaminierte Böden oder kontaminiertes Grundwasser kann reduziert werden.
Der Kaffeeproduzent hat geringere Kosten durch den Verzicht auf teure Agrochemikalien. Er kann zudem seine Abhängigkeit von externen Produktionsmitteln verringern, da die organischen Nebenprodukte der Produktion von Kaffee zur Düngung der Kaffeepflanzen verwendet werden können. Familienbetriebe können die Kosten für externe Produktionsmittel durch den vermehrten Einsatz der familiären Arbeitskraft senken. Die mechanischen Pflegearbeiten durch die Familie ersetzen die teuren Agrochemikalien. Von größter Bedeutung aber ist der bedeutend höhere Preis (bis zu 30% höher) für zertifizierten organischen Kaffee auf dem alternativen Markt. (Vgl. Bickert / Nenke / Oheim 1998, S. 158f)
Probleme und Chancen der organischen Kaffeewirtschaft
Die zuvor aufgeführten Argumente sprechen klar für den biologischen Anbau. Bei einigen Ländern wie z.B. Peru gibt es schon heute einen Angebotsüberhang von ökologisch produzierten Kaffee auf dem Weltmarkt. In anderen Anbaugebieten wie beispielsweise in Costa Rica liegt dagegen ein Nachfrageüberhang vor. (Vgl. Mayer 2003, S. 34) Welche Faktoren hemmen die Kaffeeproduzenten auf die ökologische Kaffeewirtschaft umzustellen?
Beispielhaft wird im Folgenden die Situation in Costa Rica dargestellt. Ein Produzent kann seinen Kaffee nur als ökologisch anerkannt verkaufen, wenn der Anbau und die Verarbeitung bestimmten Standards entsprechen, die auf den wichtigsten Zielmärkten gesetzlich festgeschrieben sind. Zu diesen Standards gehört eine dreijährige Umstellungsphase, in der keine Agrochemiekalien verwendet werden dürfen. Auch die Verarbeiter und Exporteure dürfen keine synthetischen Mittel benutzen und müssen ökologisch und konventionell angebaute Kirschen getrennt verarbeiten. In Costa Rica wird nur auf wenigen Fincas organischer Kaffee angebaut. Es existieren ca. 500 ha zertifizierte Kaffeefelder, dies entspricht nur 0,5% der gesamten Kaffeeanbauflächen des Landes. Die Mehrheit dieser Fincas sind Kleinkaffeeproduzenten mit einer Anbaufläche nicht größer als 3 ha. (Vgl. Mayer 2003, S. 34f)
Das Überstehen der dreijährigen Transformationsphase ist für die Produzenten die größte Hürde, denn sie bedeutet die totale Änderung ihrer Produktionsweise, d.h. die Erfüllung aller Anforderungen einer biologischen Produktionsweise von Anfang an. Der Kaffee aber wird erst nach der Umstellungsphase als organisch hergestelltes Produkt anerkannt, was für den Produzenten hohe Ertragseinbußen für mindestens drei Jahre bedeutet. Gerade Kleinproduzenten können sich diese „Verlustjahre“ nicht leisten, da für sie der Kaffee oft die einzige Ertragsquelle ist.
Ein weiteres nicht unbedeutendes Hindernis ist die Zertifizierung, welche mit hohen Kosten und administrativen Aufwand (Mitgliedsbeitrag, jährliche Inspektion, 0,5-1% der Einnahmen) für die kleinbäuerlichen Produzenten verbunden ist. Die Zertifizierung ist ein internationaler Prozess, d.h. es müssen Richtlinien international anerkannter Organisationen eingehalten werden. Die Produktionseinheit wird anhand von Bodenanalysen auf die Verwendung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln überprüft und die Organisation des Betriebes anhand der Buchführung und Lagerhaltung kontrolliert. Die Kaffeeproduzenten benötigen die Zertifizierung ihres Kaffees um auf dem alternativen Markt den höheren Preis für Biokaffee zu erhalten. Die Zertifizierungskosten könnten gesenkt werden durch die internationale Anerkennung nationaler und regionaler Organisationen, welche die Zertifizierung preiswerter durchführen könnten. Eine weitere Alternative ist die Gruppenzertifizierung bei der nur die Leitung einer Gruppe kontrolliert und bei den Mitgliedern dieser Gruppe nur Stichproben durchgeführt werden, wobei bei dieser Variante die Gefahr des Missbrauchs hoch ist. (Vgl. Bickert / Nenke / Oheim 1998, S. 159f) Die Zertifizierung muss den Produzenten einen Anreiz bieten: Einen höheren Verkaufspreis für den ökologisch angebauten Kaffee. Den Mehrpreis erhält der Kaffeeproduzent nur, wenn er seinen Kaffee direkt an Importeure und Röster im Ausland verkauft, die bereit sind für das zertifizierte Produkt einen über den Börsenpreis liegenden Mehrpreis zu zahlen. Die Unternehmen, die einen effektive Zusammenarbeit mit vor- und nachgelagerten Produktionseinheiten oder eine vertikale Integration aufweisen, können Umweltschutz und Wettbewerbsfähigkeit am besten in Einklang bringen.
Die mangelnde Kenntnis der Kaffeeproduzenten über organischen Kaffeeanbau und die Gewöhnung an den Gebrauch von Agrochemikalien erschweren die Umstellung auf die ökologische Produktionsweise. Im Besonderen fehlt es an regionalspezifischem Wissen über standortgerechten Schattenanbau. Der nationale Beratungsdienst des nationalen Kaffeeinstituts (ICAFE) von Costa Rica betrachtet den Schattenanbau aufgrund der befürchteten Ernterückgänge und Pilzerkrankungen kritisch und bietet daher keinen Beratungsdienst hinsichtlich ökologischen Kaffeeanbau an. (Vgl. Mayer 2003, S. 36f) Aufklärungsarbeit durch nationale und internationale Umweltorganisationen kann hier Abhilfe schaffen.
Bis heute übersteigt die Nachfrage nach organischem Kaffee aus Costa Rica das bisherige Angebot und kann für die Kaffeeproduzenten des Landes eine Marktnische bedeuten, wenn sie die erforderlichen Kapazitäten und Kapital aufbringen können.
Fairer Handel
Seit den 1970er Jahren existiert der direkte Import von Produkten von Kleinproduzenten aus Entwicklungsländern durch unterschiedliche Organisationen, mit dem Ziel die Kleinproduzenten durch Zahlung eines kostendeckenden Mindestpreis und Aufschlägen auf den Weltmarktpreis zu unterstützen. Der Kaffee spielt hierbei eine zentrale Rolle (siehe Abb. 4). Seit 1993 existieren in Deutschland Ansätze der Organisation des Vertriebes sozialverträglicher Produkte über die traditionellen Handelswege zur Erweiterung des Marktes. Im Folgenden werden zwei unterschiedliche Konzepte des Fairen Handels vorgestellt.
Gepa-Konzept
Die Gesellschaft zur Förderung der Partnerschaft mit der Dritten Welt mbH (Gepa) wurde Mitte der 1970er Jahre als eine Handelsorganisation gegründet. Sie ist sehr stark entwicklungspolitisch orientiert und verfolgt das Ziel durch Zahlung von Einkaufspreisen über Weltmarktpreisniveau den Kleinproduzenten ein angemessenes Einkommen und menschenwürdige Lebensverhältnisse zu ermöglichen. Zudem unterstützt die Gepa soziale Projekte und engagiert sich in der Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit.
Der Kaffee ist mit ca. 60% des Gesamtumsatzes das wichtigste Handelsgut der Gepa. Das zentrale Element des Gepa-Handels ist der Ausschluss von Zwischenhändlern, Exporteuren und internationalen Handelshäusern aus der Handelskette. Der Kaffee wird direkt von kleinbäuerlichen Genossenschaften bezogen. Die Suche nach förderungswürdigen Kooperativen findet durch Gepa-Mitarbeiter vor Ort statt. Mit den Genossenschaften werden langfristige Verträge mit großzügigen Vorfinanzierungsfazilitäten und Unterstützungszahlungen für Bildungsarbeit und Technische Beratungen abgeschlossen. Der Gepa-Kaffee kommt hauptsächlich aus Nicaragua, Costa Rica, Mexiko, Bolivien, Peru, Guatemala, Tansania und Kamerun. Der höhere Ankaufspreis, die Unterstützungszahlungen für Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit und die Arbeit der Experten vor Ort haben zur Folge, dass der Endpreis des Gepa-Kaffees für den Verbraucher deutlich höher ist. Zudem ist die Gepa eine kleine Handelsgesellschaft und hat daher im Vergleich zu Großhandelshäusern und Röstern ungünstigere Frachttarife und Röstkosten. Der Gepa-Kaffee ist ca. 40% teurer als herkömmlicher Kaffee. Anfangs erfolgte der Absatz nur in Dritte-Welt-Läden und Aktionsgruppen. In den letzen Jahren kam es zu einer Diversifizierung der Absatzwege. Heute werden fast 50% des Gepa-Kaffees an den herkömmlichen Lebensmitteleinzelhandel und Großverbraucher abgesetzt. (Vgl. Glania 1997)
TransFair-Konzept
Der Verein zur Förderung des fairen Handels mit der „Dritten Welt“ wurde 1991 mit dem Ziel gegründet, ein Siegel für Kaffee mit gerechten Handelsbedingungen, d.h. Zahlung eines „fairen“ Preises an die Produzenten, zu etablieren. Im Gegensatz zur Gepa handelt TransFair nicht direkt mit Kaffee, sondern vergibt das TransFair-Siegel an Handelshäuser und Röstereien. Am TransFair-Konzept können Produzenten teilnehmen, die einer Genossenschaft angehören, deren Mitglieder Familienbetriebe mit kleinen Anbauflächen (ca. 3 ha) sind. Die Genossenschaften müssen demokratisch geführt werden und sich in gemeinschaftlichen Projekten (z.B. Schulungsprogramme, Wiederaufforstungsarbeiten) engagieren. Die teilnehmenden Genossenschaften werden in ein Produzentenregister eingetragen.
Die Nutzer des Siegels haben den Status von Lizenznehmern und müssen unterschiedliche Auflagen bzw. Vertragsbedingungen erfüllen. Der Kaffee darf nur direkt vom Produzenten eingekauft werden. Dies bedeutet wie bei der Gepa den Ausschluss des lokalen Zwischenhandels. Es müssen zusätzliche Regeln für die Verwendung des Siegels auf Verpackung und in der Werbung durch die Röster eingehalten werden, die fair gehandelten Kaffee von Importeuren beziehen. Es können so auch Nicht-Lizenznehmer das Siegel nutzen und dadurch auch Handelshäuser für das Konzept gewonnen werden. Die Kaffeeproduzenten bekommen einen festgelegten Mindestpreis, der ca.10% über den Weltmarktpreis liegt. Für die Genossenschaften besteht die Möglichkeit langfristige Abnahmeverträge abzuschließen. Bei Vertragsabschluss bekommen die Kooperativen einen Vorschuss bis zu 60% des Kaufwertes.
Im herkömmlichen Handel dagegen bekommen die Kaffeeproduzenten nur ein bis zwei Drittel des Börsenpreises. Durch die Vorfinanzierungen der Importeure sind die Kleinbauern nicht mehr zur teuren Kreditaufnahme gezwungen um ihre Produktion zu finanzieren. Sowohl die Lizenznehmer als auch die Produzenten unterliegen einer strengen Kontrolle durch TransFair.
Im Gegensatz zur Gepa hat TransFair keinen Einfluss auf die Preisgestaltung des Endpreises des Kaffees für den Verbraucher. TransFair-Kaffee ist deutlich preiswerter als Gepa-Kaffee. Gepa ist auch TransFair-Lizenznehmer und zahlt einen höheren als den von TransFair festgelegten Preis an die Produzenten und finanziert mit den Einnahmen ihre Bildungsarbeit. Zudem haben die anderen Lizenznehmer deutlich geringere Kosten, da sie neben dem Fairen Handel auch den konventionellen Handel betreiben und daher günstigere Frachten und Röstkosten aushandeln können.
Bei Kaffee mit dem TransFair-Siegel ist ein Umsatzanstieg zu verzeichnen. TransFair-Kaffee kann man heute im Sortiment von bedeutenden Lebensmittelketten (Rewe, Edeka, Spar, Metro, Kaisers) finden. (Vgl. Glania 1997 und TransFair e.V. / RUGMARK 2002)
Bewertung des Fairen Handels
Fairer Handel hat positive Auswirkungen für Produzenten, Konsumenten als auch zu fairen Handel übergehende Röster und Händler, da diese eine höhere Absatzmenge und Gewinnspannen haben. Fairer Handel aber bedeutet einen großen Nachteil für die ausgeschalteten Zwischenhändler. Wenn die Existenz der Zwischenhändler ökonomisch nicht gerechtfertigt ist, da sie durch ihre Macht die Bildung von Kooperativen verhindern, dann ist ihre Ausschaltung unproblematisch, da so der Handel effizienter ablaufen kann. Wenn aber die Zwischenhändler eine wichtige Handelsfunktion wie das Sammeln effizienter erfüllen können als die Bauern oder Kooperativen, dann sind sie eindeutig die Verlierer des fairen Handels. In der Realität sind beide Fälle anzutreffen.
Fairer Handel wird problematisch, wenn durch den Anreiz der besseren Entlohnung Kaffee überproduziert und zusätzlich der konventionelle Handel beliefert wird. Dies hat einen erhöhten Angebotsdruck mit sinkenden Weltmarktpreisen zur Folge, was sich besonders nachteilig auf nicht organisierte Produzenten auswirkt. Dieser Gefahr kann aber durch Exklusivitätsvereinbarungen und Angebotshöchstmengen in den Verträgen mit den Kooperativen entgegengewirkt werden.
Der aktuelle Trend für Kaffee aus Fairem Handel ist sehr positiv. Dennoch steht der alternative Handel (noch) im Schatten des konventionellen Handels und stellt eher eine Marktnische dar. Ein weiteres Wachstum ist zu erwarten und die Gewinnung neuer Länder als potentielle Konsumenten, wie Skandinavien und USA. (Vgl. Stamm 1999, S. 405f, Glania 1997 und TransFair e.V. / RUGMARK 2002)
Fazit
Der Überproduktionskrise kann nur durch Begrenzung der Ausweitung der Anbauflächen und durch Politiken, die eine zunehmende Wertschöpfung und komplexere Produktionsmuster beinhalten, entgegengewirkt werden. So können die Einkommensquelle Kaffee erhalten und zusätzliche Entwicklungsimpulse wie Spezialitäten in hoher Qualität und Export von weiterverarbeiteten Kaffee ausgelöst werden. Die Strategie ist die Abwendung vom reinen Commodity- (Massen-) Export hin zur Bedienung verschiedener Marktsegmente mit der Aussicht auf höhere Einkommen. Durch den Anbau von ökologischem Kaffee wird die umweltgerechte Kaffeeproduktion gefördert und gleichzeitig der Gefahr der Überproduktion entgegengewirkt. Die besten Ertragsausichten haben doppelt zertifizierte Produkte (ökologisch und fair gehandelt). Biologisch angebaute und fair gehandelte Produkte ermöglichen den Kleinproduzenten ein faires Einkommen und garantieren dem Verbraucher einen qualitativ hochwertigen Kaffee.
Literatur:
Bickert, M. / Nenke, S. / Oheim, K. (1998), Deutscher Kaffeeverband e.V. (2003), Engle, D. (2003), Fehlmann, A. (2000), Glania, G. (1997), Korneffel, P. / Tenbrock, C. / Uchatius, W. (2002) Mayer, C. (2003), Neuberger, G. (1988), Rupprecht, J. (1995), Stamm, A. (1999), TransFair e.V. / RUGMARK (2002)