Heute bin ich einfach nicht nach Hezarak gefahren, sondern den Leuten in der Office so lange auf den Zeiger gegangen, bis alles zu meiner Zufriedenheit gelöst war. Nach all diesen kleinen Widrigkeiten mit dem Ofen habe ich mich entschlossen, mich selbst darum zu kümmern. Mein Ansprechpartner Said Machmat meinte zwar, er habe einen Ofen für mich und das sei überhaupt kein Problem und am Samstag, wenn ich immer nach Hezarak fahre, könne er einfach mitgenommen werden.
Heute bin ich einfach nicht nach Hezarak gefahren, sondern den Leuten in der Office so lange auf den Zeiger gegangen, bis alles zu meiner Zufriedenheit gelöst war. Nach all diesen kleinen Widrigkeiten mit dem Ofen habe ich mich entschlossen, mich selbst darum zu kümmern. Mein Ansprechpartner Said Machmat meinte zwar, er habe einen Ofen für mich und das sei überhaupt kein Problem und am Samstag, wenn ich immer nach Hezarak fahre, könne er einfach mitgenommen werden. Ich habe mich nicht davon irritieren lassen und sie sind am Samstag natürlich ohne Ofen und ohne mich nach Hezarak gefahren.
Was mich allerdings doch immer noch beeindruckt, ist die absolute Gewissheit, mit der immer wieder alles Mögliche behauptet wird. Selbst, wenn es sich unmittelbar als falsch belegen lässt, zum Beispiel durch bloßen Augenschein. Mir wäre das einfach peinlich. Außerdem wollte ich nicht nur einen Ofen bezahlt bekommen (besorgt habe ich ihn dann selbst), sondern auch endlich den Vertrag von Einnullah, meinem afghanischen Co-Teacher geschrieben sehen und ihm Geld nach Hezarak mitnehmen.
Dazu noch wollte ich den Monatslohn von meinen Lehrlingen und nachfragen, warum diverse Kleinigkeiten, die ich schon sechs Wochen vorher beantragt hatte, immer noch nicht in Hezarak angekommen sind. Zum Beispiel sechs Plastik Kannen für je 15 Afghani (30 Cent), damit meine Leute schneller sind mit ihren rituellen Waschungen nach dem Mittagessen. Bis jetzt benutzen sie gemeinsam zwei oder drei dieser Kannen und sind manchmal bis zu einer Stunde damit zugange, nacheinander halt. Ich bin mir zwar sicher, dass sie nicht ganz so religiös sind, wenn sie nicht nach Zeit, sondern nach Stückzahlen bezahlt werden, kann als Ungläubiger aber schlecht irgendetwas dazu sagen. Und Geld für mich, dass ich vorgelegt hatte, wollte ich auch.
Und zu meinem Erstaunen ging alles. Ich bekam sogar Geld, dass ich erst Ende der Woche brauche, für meine Exkursion mit den Lehrlingen nach Kabul. Dass hatte ich gar nicht erwartet. Schwierig war trotzdem fast jeder einzelne Punkt. Vor allem der Vertrag von Einnullah. Mir Rachim , der afghanische Chef Kabul meinte erst, sie hätten keine Vertragsvorlage. Zum Glück hatte ich eine, sogar schon ausgefüllt. Dann meinte er, Einnullah könne nicht unterschreiben, weil er nicht da wäre. Immer mit dem Hinweis, wir machen das besser am Donnerstag. Und ich dann immer die gleiche Antwort: Dass wir Donnerstags immer zu spät kommen. Dann hat das Meeting schon angefangen und wenn es zu Ende ist, dann ist Einnullah auch schon längst gefahren, um den letzten Bus in die Nachbarprovinz Logar zu bekommen, wo er wohnt.
Ich bin also zu dem Ort gefahren, wo Einnullah gemeinsam mit den Köchen und meinem Übersetzer auf das NGE- Auto nach Hezarak wartete, habe Einnullah unterschreiben lassen und bin wieder zurück zum NGE- Büro.
Dann meinte Mir Rachim , es wäre besser, das Geld erst am Donnerstag zu holen, wegen der Sicherheit, die in Hezarak nicht gewährleistet sei. Fast hätte ich mich überzeugen lassen, bis mir einfiel, dass auch das schwierig sein wird. Das Geld wird einfach nicht da sein und keiner am Donnerstag Nachmittag Zeit haben, noch welches zu holen.
Es war ein Fight besonderer Art: Mir Rachim ist wohl in Sorge, dass der Schrank, den er Einnullah beauftragt hat nebenbei für ihn zu bauen, nicht fertig werden könnte, sobald Einnullah seinen Vertrag und Geld hat. Ich glaube nicht, dass er ihm Arbeitslohn zahlen will. Es soll wohl eine Gegenleistung sein dafür, dass er Einnullah diesen Job mit mir verschafft hat. Und ich will, dass Einnullah endlich seinen Lohn bekommt und mit diesem blöden Schrank nicht mehr so unter Druck steht. Letzte Woche konnte ich ihn nur noch mit Mühe davon abhalten, daran während der Arbeitszeit zu bauen. Ich war ziemlich abgenervt, weil damit auch klar wurde, dass er als Lehrer eher nicht zu empfehlen ist: Er wird ein Haufen Zeug nebenher machen, wenn ich nicht mehr da bin. Der arme Kerl kann nicht nein sagen.
Was dann wieder erstaunlich leicht ging, war den Ofen, den ich zuvor schon ausgesucht hatte, abzuholen. Ich wollte nicht wieder ein Taxi aus der eigenen Tasche bezahlen, wie schon zweimal an diesem Tag und war zu müde zum Laufen, wie auch schon zweimal an diesem Tag. Ich habe einen der NGE- Fahrer gefragt und der hat mich einfach gefahren, ohne Rücksprache auf drei Ebenen der Hierarchie. Ich war begeistert.
Er ist sogar noch mit mir zu dem Geldwechsler-Basar und hat mit mir die 100-Dollarnoten in kleine Scheine getauscht, so dass ich jedem Lehrling auch wirklich exakt seinen Lohn auszahlen kann. Und der Geldwechsler wollte kein Geld dafür extra.
Vormittags war ich mit Sadat unterwegs, der wieder eher unwillig war. Vor allem, dass ich soviel zu Fuß laufe und nicht jedes Mal ein Taxi nehme, ist wohl ziemlich blöde. Der Arme muss dann ja alles mitmachen. Könnte natürlich auch selber mal ein Taxi bezahlen. Aber wir sind dann in die Innenstadt und ich habe mit ihm zusammen bei einem dieser fliegenden Händler eine Jacke mit vielen Taschen für ihn gekauft, aus Leder. Aus gutem Grund habe ich ihm vorher den Preis gesagt, den ich bereit bin zu zahlen.
Ich glaube, er war ganz glücklich damit. Er hatte Wochen zuvor die Bemerkung gemacht, dass er meine Jacke ganz toll fände und ich glaube von seinem Lohn hat er nicht ganz so viel, sondern vor allem seine Großfamilie profitiert davon. Da sind Sachleistungen doch was Direkteres.
9.März