Römische Gründungsstädte und Kastelle: Die Entstehung von Regensburg aus dem Militärkastell Castra Regina

Die erste bisher nachweisbare römische Befestigung im Regensburger Stadtgebiet entstand in den 80er Jahren des 1. Jahrhunderts nach Chr. Um die Entwicklung, die zum Bau des Militärkastells Castra Regina führte, zu verstehen und um das römische Regensburg in einen historischen Zusammenhang einordnen zu können, muss man bis in die Zeit des Kaiser Augustus' zurückblicken.

Wichtige Gründe für den Bau des ersten Kastells in der Zeit der Grenzziehung des römischen Reichs war 1. der Schutz Oberitaliens vor den Einfällen räuberischer Alpenstämme und 2. die Erleichterung einer Verkehrsverbindung vom nördlichen Alpenfuß in Reichsteile jenseits des Rheins in Gallien. Um diese Ziele zu erreichen, musste die Reichsgrenze bis zur Donau vorgeschoben werden. Das Vordringen bis zur Donau erfolgte unter Tiberius (zwischen 35 und 37 n. Chr.). Der Fluss wurde durch eine Reihe kleinerer Kastelle gesichert. Nach der militärischen Niederwerfung erfolgte mit der Gründung der Provinz Raetien auch die verwaltungsmäßige Organisation. Sie war einem kaiserlichen procurator aus dem Ritterstand unterstellt. Die ersten Verwaltungszentren waren wahrscheinlich Cambodunum (=Kempten) und Augusta Vindelicum (=Augsburg).

Limes, Regensburg
Limes, Regensburg

Die Flüsse Rhein und Donau bildeten im Laufe der Zeit nicht nur die Grenze des römischen Weltreiches, sondern sie entwickelten sich auch zu wichtigen Verbindungswegen zwischen Ost und West. Der Weg über das Rheinknie war allerdings umständlich und zeitraubend. Deshalb begann unter den Kaisern Vespasian (69 -79 n. Chr.) und Domitian (81 – 96 n. Chr.) der langsame Ausbau einer primitiven Befestigungsanlage, sozusagen der Vorläufer des "Limes". Um einige Befestigungslücken zu schließen, wurde die Anlage um mehrere Kastelle erweitert, unter anderen durch ein Lager bei Regensburg. Damit wurde der Donaubogen in das Verteidigungsnetz mit einbezogen. Allerdings waren die Römer hier nicht die ersten Siedler gewesen.

Die Kelten

Lange bevor Germanen und Römer die historische Bühne Süddeutschlands betraten, hatten sich dort die Kelten ausgebreitet. Ihr Siedlungsgebiet reichte von der Iberischen Halbinsel über Britannien, Gallien, den Donauraum bis nach Südosteuropa. Ihre ältere Epoche, die von der Durchsetzung der Eisenzeit geprägt war bezeichnen wir als Hallstattkultur. Die zweite, jüngere Phase (5. bis Mitte des 1. Jhdts. v. Chr.) nennt man die La-Tène-Zeit. Ihre markantesten archäologischen Reste sind riesige Ringanlagen, vornehmlich auf Tafelbergen, die von den Römern auch "oppida" genannt wurden. Diese Oppida-Kultur scheint im 1. vorchristlichen Jhdt. gewaltsam untergegangen zu sein. Es gibt Hinweise dafür, dass es an der Stelle des heutigen Regensburg schon eine keltische Siedlung mit Namen Radasbona gegeben hat.

Die erste römische Befestigung am Donaubogen

Es war wohl die Verkehrsgunst des Platzes, welche die römischen Strategen dazu bewog, das erste Kastell im heutigen Stadtteil Kumpfmühl (unmittelbar südlich der Kirche St. Wolfgang) anzulegen.

Plan Kastel Kumpfmuehl (Regensburg)
Plan Kastel Kumpfmuehl (Regensburg)

Von dort bot sich die Möglichkeit, den gesamten Donaubogen sowie die zwei Talmündungen (Naab und Regen) einzusehen und damit die Handelswege zu beherrschen. Das Kastell besaß eine Steinmauer mit einem rechteckigen Grundriss von 154 x 143 Metern und wurde von einer Steinmauer mit Doppelgräben umgeben.

Mauer mit Graben, Kastell (Regensburg)
Mauer mit Graben, Kastell (Regensburg)

Der antike Name der Befestigung ist nicht bekannt. Es blieben keine oberirdischen Spuren zurück. Im Lager war eine ca. 500 Mann starke Hilfstruppe (sog. Auxiliarkohorte) stationiert. Die Soldaten hatten nicht das römische Bürgerrecht und wurden meist in der Umgebung rekrutiert. Dies war möglich, weil Raetien damals noch zu den weniger bedrohten Gebieten gehörte. Die Archäologen fanden in Regensburg-Kumpfmühl in unmittelbarer Nachbarschaft des Lagers Spuren einer Zivilsiedlung, deren Ausstattung auf die Bedürfnisse der Soldaten ausgerichtet war. Nachgewiesen werden konnten neben einer Kneipe, Läden, Werkstätten, eine Ziegelei und v.a. eine Badeanlage.

Die Markomannen – eine unterschätzte Gefahr

Das relativ ungestörte Leben an der Donaugrenze änderte sich Mitte des 2. Jhdts. Ausgelöst durch Wanderbewegungen ostgermanischer Stämme waren auch die nördlich der Donau wohnenden Völker, darunter die Markomannen, unruhig geworden. Sie forderten neue Wohnsitze innerhalb des Reiches. Als ihnen das untersagt wurde, versuchten sie gewaltsam Einlass zu erlangen. In Rom unterschätzte man diese Gefahr und hatte große Teile der Truppen von der Donau abgezogen und an die Euphratgrenze gegen die Parther verlegt. In den 60er Jahren des 2. nachchristlichen Jhdts. geriet die ganze Donaugrenze ins Wanken und germanische Scharen drangen bis nach Aquileia an der Adria vor. Man kann davon ausgehen, dass auch das römische Auxiliarkastell von Kumpfmühl und die dazugehörige Zivilsiedlung verwüstet wurden. (In diesem Zusammenhang ist auch der Kumpfmühler Schatzfund von 1989 zu sehen).

Roemisches Geld (Regensburg, Stadtgeschichte)
Roemisches Geld (Regensburg, Stadtgeschichte)

Die Römer konnten allerdings die Markomannen aufhalten und die Donaugrenze wieder sichern. Um die Sicherheit der Nordgrenze zu garantieren, entschloss sich Kaiser Marcus Aurelius (161 – 180 n. Chr.) die III. Italische Legion zu stationieren. (Dies waren römische Truppen, keine Fremdvölker, die man in schwierigen Situationen einsezte.)

Das neue Kastell zur Sicherung der Nordgrenze

 

Castra Regina (Regensburg Stadtgeschichte)
Castra Regina (Regensburg Stadtgeschichte)

Die Ausprägung des Regensburger Kastells – Castra Regina

Die Wahl des neuen Standortes war wohl von ähnlichen Voraussetzungen bestimmt wie 80 Jahre früher: nördlichster Punkt im Donaubogen, östlich davon gelegen die fruchtbare Donauebene, gute klimatische Bedingungen. Dem neuen Bau kam eine symbolische Funktion der Abschreckung zu, deshalb wich man von der alten Baustelle in Kumpfmühl ab und baute direkt am Fluss (Reichsgrenze). Dort war das Gelände aber schwierig und musste erst durch Kiesaufschüttungen trockengelegt werden. Die neue Lagermauer hat eine Seitenlänge von 540 x 460 m und eine Fläche von 24,3 ha (= elfmal die Fläche des alten Kastells). Zur Einweihung des Lagers ließ der Legionskommandeur, der gleichzeitig auch Statthalter der Provinz Raetien war, über der Porta Principalis (Osttor), eine Steininschrift anbringen.

Bauinschrift (Regensburg)
Bauinschrift (Regensburg)

Sie war ursprünglich ca. 8 – 10 m lang. Zwei Fragmente des Mittelstückes blieben davon erhalten. Diese sog. "Gründungsurkunde" von Regensburg gibt uns ein festes Datum für die Einweihung des Lagers, nämlich 179 n. Chr. Mindestens 5 Jahre Bauzeit müssen bis dahin schon veranschlagt werden. Etwa 30.000 Kubikmeter exakt behauene Quaderblöcke wurden hergestellt. Die bewegte Steinmenge muss dabei etwa doppelt so groß gewesen sein. Die Steinbrüche befanden sich im ganzen Donautal bis nach Kehlheim. Die grob behauenen Werksteine brachte man auf dem Fluss zu einer Lände nahe am Lager. Mit Hilfe von Drehkränen, Flaschenzügen und Holzrollen wurden die Quader zur Baustelle gebracht. Die fertige Lagermauer war ohne Zinnen ca. 7,5 m hoch und hatte ungefähr 30 Türme und vier Tore. Regensburg war durch diesen Bau zum größten Garnisonsort in der Provinz Raetien geworden. Auch nach rund 1800 Jahren beeindrucken diese gewaltigen Kalksteinblöcke noch, die an mehreren Stellen im modernen Stadtbild zu sehen sind.

Die Porta Praetoria

 

Porta Praetoria (Regensburg)
Porta Praetoria (Regensburg)

Die Porta Praetoria ist das einzige der ursprünglich vier Stadttore, das noch erhalten ist. Sie befindet sich an der Nordseite des Lagers und wurde 179 n. Chr. fertiggestellt. Ehemals bestand es aus zwei nebeneinaderliegenden Toren und einem Turm an jeder Seite. Ein Tor wurde schon in römischer Zeit zugebaut. Durch das Tor verlief eine 16 Meter breite Straße, die via praetoria, die zum Praetorium (=Lagerkommandantur) führte. Die Porta Praetoria gilt neben der Porta Nigra in Trier als der größte noch erhaltene römische Hochbau in Deutschland. Auch in nachrömischer Zeit wird das Tor weiterbenützt und im Jahre 932 nach Chr. wird es Porta Aquarum (=Wassertor) genannt. (Nähe zur Donau)

Die Südostecke der Lagermauer

In den Jahren 1955 – 63 wurde am Ernst-Reuter-Platz in Regensburg die Südost-Ecke des römischen Legionslagers freigelegt und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Dies war erst nach langen harten Kämpfen zwischen Archäologen, Konservatoren, Stadtverwaltung und Bauinteressenten möglich geworden.

Lagermauer (Regensburg)
Lagermauer (Regensburg)

Das Lagerinnere

Das Gebiet des Regensburger Legionslagers bildet den heutigen zentralen Altstadtbereich und war durchgehend bebaut. Die Möglichkeit großflächiger Grabungen war deshalb immer sehr eingeschränkt und wir kennen von der inneren Struktur des Lagers nur sehr wenig. Römische Militäranlagen wiesen jedoch von Britannien bis Syrien eine gewisse Regelmäßigkeit auf.

Idealtypus (Regensburg)
Idealtypus (Regensburg)

Übertragen wird dieses Schema auf den Regensburger Altstadtbereich, so können wir uns ein ungefähres Bild vom ursprünglichen Aussehen machen.

 

Grundriss Regensburg
Grundriss Regensburg

Gegliedert wurde das Lagerinnere durch die in Ost-West-Richtung verlaufende via principalis und die in Nord-Süd-Richtung führende via praetoria. Sie bildeten das Achsenkreuz des Lagers. An diesen Lagerhauptstraßen lagen die Unterkünfte für Handwerker, Verwaltungssoldaten, Lazarett usw. Die rechtwinklig abzweigenden Lagergassen führten zu den Wohnquartieren der einfachen Soldaten. Da im Lager ca. 6.000 Mann untergebracht werden mussten, nahm diese Kasernenanlage den meisten Platz ein. Im Zentrum des Lagers, im Bereich der heutigen Schwarzen-Bären-Straße, lagen die principa, das Hauptquartier. Dies war ein repräsentativer Gebäudekomplex aus wuchtigen Quadern, der einen weiten Innenhof umschloss. (Büros, Waffendepots, Repräsentationsräume, Fahnenheiligtum, Legionsadler, Kaiserbildnis, Götterbilder etc. wurden hier aufbewahrt.) Ein heute noch sichtbarer Türstock in einem romanischen Haus könnte von diesem Bauwerk stammen. Ähnlich prächtig scheint auch das praetorium, das Wohnhaus des Legionskommandanten gewesen zu sein. Durch die via principalis entlang nach Osten ging man vorüber an den mit roten Ziegelplatten aus der legionseigenen Ziegelei gedeckten Lagerbaracken und Übungshallen.

Luftbild Regensburg
Luftbild Regensburg

Die Umgebung des Lagers

Den einfachen Soldaten standen im Lager nur etwa 2 1/2 Quadratmeter überdachter Raum zur Verfügung, der zudem nicht sehr bequem war. Für die Offiziere gab es Kasinos, die im Verwaltungskomplex untergebracht waren. Außerdem waren ihre Wohnungen, meist eigene Häuschen, bedeutend bequemer. Trotzdem versuchten nicht nur die Mannschaften, sondern auch die höheren Dienstränge ihre Freizeit außerhalb des Lagers zu verbringen. Zusammen mit den Legionen waren auch eine große Menge Zivilisten gekommen. Man kann von 10.000 – 15.000 Menschen ausgehen. So entstand mit dem Legionslager gleichzeitig westlich davon eine ausgedehnte Zivilsiedlung, die sich nach Süden erstreckte. Vom Lager aus führte durch das Westtor die Verlängerung der Lager Ost-West-Achse (via principalis) eine Straße in die Zivilsiedlung. Die Straßen waren zum Teil gepflastert und mit Kanalisation versehen. Von den Hauptstraßen zweigten kleinere Nebenstraßen ab und unterteilten die canabae, wie man solche zivile Siedlungen nennt, in einzelne Häuserblöcke (insulae). Die Regensburger Zivilsiedlung erlebte in den anfänglichen Friedensjahren eine wirtschaftliche Blüte und nahm fast stadtartiges Gepräge an, wenngleich sie diese Stellung staatsrechtlich nie erreichte. Die Einbeziehung in das römische Reich bedeutete also keineswegs in erster Linie nur Unterwerfung unter eine imperialistische Macht. Vielmehr brachte die Zugehörigkeit zum Imperium bisher nicht gekannte Vorteile: Rechtssicherheit, inneren Frieden, die Möglichkeiten eines sozialen Aufstiegs. Für diese Dinge hatte die benachbarte germanische Gesellschaft noch nicht einmal Begriffe. Militärlager und Zivilsiedlung gehörten also zusammen. Zusätzlich lag rund um das Lager eine ganze Reihe von Bauernhöfen (villae rusticae). Der gesamte heutige südliche Landkreis war mit solchen Hofstellen aufgesiedelt, die zur Versorgung der Legion angelegt wurden.

Das Ende der römischen Herrschaft in Raetien

In der Mitte und gegen Ende des dritten nachchristlichen Jahrhunderts wurde Castra Regina in Schutt und Asche gelegt. Diesmal von den Alamannen, die den Limes an mehreren Stellen durchbrachen. Ein Teil der III. Italischen Legion (siehe oben) war schon vorher an die östliche Reichsgrenze nach Persien (Sassanidenreich) verlegt worden. Schließlich musste Rom das Gebiet nördlich der Donau völlig aufgeben (nach 259/60). Die Grenze orientierte sich wieder an Rhein, Iller und Donau. Trotz schwerer Verluste bei der Zivilbevölkerung und der militärischen Besatzung erlosch das Leben in und um das Lager nicht ganz. Die wenigen überlebenden Gutshöfe siedelten nahe am Lagerrand. Damals mauerte man möglicherweise auch je eine Hälfte der großen doppelbogigen Tore zu. (Vgl. Porta Praetoria) Die Zivilbevölkerung zog zunehmend ins Lager, so dass aus dem Kastell im Laufe des 4. Jhdts. eine mauerumwehrte Zivilsiedlung mit militärischer Besatzung wurde. Die römischen Soldaten waren großenteils in den Alamannenstürmen umgekommen. Die Militärverwaltung war gezwungen, die Grenzverteidigung immer mehr germanischen Söldnern zu überlassen. Im 3. und 4. Jahrhundert ging somit in Raetien ein Bevölkerungswechsel vonstatten. Die keltisch-italische Bevölkerung wurde langsam durch Germanen verschiedener Herkunft ersetzt. In Castra Regina war die letzte Abteilung der III. Italischen Legion Ende des 4. Jhdts. abgezogen worden und die leeren Kasernenbauten wurden von Germanen übernommen. In den schriftlichen Quellen taucht um das Jahr 551 erstmals der Name "Baibari" für das Volk auf, das in östlicher Nachbarscahft zu den Alamannen wohnte. Ein gutes Jahrzehnt später (ca. 565) bezeichnet der Dichter und Bischof von Poitiers, Venantius Fortunatus, die Leute östlich des Lechs als "baiovari". Vgl. Literatur: Hefte zur Bayerischen Geschichte und Kultur Band

Die Bajuwaren, Haus der Bayerischen Geschichte

Ich will hier nicht auf die komplizierte historische Diskussion eingehen, die schließlich zur Entstehung der Bajuwaren und zum modernen Bayern geführt hat. Fest steht jedenfalls, dass das alte Römerlager, dessen gewaltige Mauern noch im 8. Jhdt. n. Christus eindrucksvoll gewesen sein müssen, zum Kristallisationspunkt des neuen bayerischen Stammesherzogtums wurde. Gegen Ende des Mittelalters verlegte dann Kaiser Maximilian I. den Immerwährenden Reichstag nach Regensburg (Ständeparlament), wodurch die Stadt eine Art Hauptstadtcharakter für das ganze Reich erhielt. Diese Bedeutung behielt sie bis 1806, als Napoleon das Alte Reich auflöste.

 

Quellen

Bosl Verlag: Handbuch der Historischen Städten Deutschland, Bd. 7 Bayern, Stuttgart, 1965

Diercke Weltatlas, Braunschweig , 1988

Harald Koschmitz , Horst Schulz: Der Limes im Raum Weißenburg- Gunzenhausen, Unterrichtsmaterialien zu Stätten aus der Römerzeit, Nürnberg, 1984

HB-Kunstführer: Regensburg- Oberpfalz Nr.63

Hefte zur Bayerischen Geschichte und Kultur Band 6. Die Bajuwaren, Haus der Bayerischen Geschichte

Horst Lechner: Bayern in der Römerzeit, München, 1989

Hubel, Tillmann, Borgermeyer, Wellnhofer, Denkmäler in Bayern Band III.37 Stadt Regensburg, Regensburg 1997

M.I. Finley: Atlas der klassischen Archäologie München,1979

Schindler, Herbert: Kunstführer Regensburg, Regensburg, 1983

Uni Regensburg 1: http://www.uni-regensburg.de/Fakultäten/phil_FakIII/Geschichte, am 27.10.2003

Uni Regensburg 2: http://www.uni-regensburg.de/archiv/archiv-text.htm am 27.10.2003

Walter E. Keller, Deutsche Limesstraße, vom Main zur Donau, Treuchtlingen 1997

Bildnachweise

01) Limeskarte aus: http://www.lateinforum.de/romstra.htm am 27.10.2003

02) Plan des römischen Kohortenkastells in Kumpfmühl (nach A. Faber): Deutlich sind die Doppelgräben zu erkennen, die das Lager schützten: 10 und 5 Meter breit, 3 bzw. 2 Meter tief, heute mit Erdreich zugeschüttet. Am Nordrand des Lagers erkennt man Reste einer großen römischen Badeanlage, Hubel, Tillmann, Borgermeyer, Wellnhofer, Denkmäler in Bayern Band III.37 Stadt Regensburg, Regensburg 1997 S.33

03) Schematische Darstellung der Römermauer (Rekonstruktion aufgrund der Grabung im Pfarrgarten von St. Wolfgang 1996) Wehrmauer: aus Hubel, Tillmann, Borgermeyer, Wellnhofer, Denkmäler in Bayern Band III.37 Stadt Regensburg, Regensburg 1997 S.43

04) römisches Geld aus http://www.dig-regensburg.de/jpg/mai20001.jpg am 27.10.2003

05) Plan des römischen Legionslagers "Castra Regina" (nach Th. Fischer) aus: Hubel, Tillmann, Borgermeyer, Wellnhofer, Denkmäler in Bayern Band III.37 Stadt Regensburg, Regensburg 1997 S.34

06) Bauinschrift des Legionslagers "Castra Regina" von 179 n. Chr. aus: Hubel, Tillmann, Borgermeyer, Wellnhofer, Denkmäler in Bayern Band III.37 Stadt Regensburg, Regensburg 1997 S.32

07) Porta Praetoria von Nordwesten heute,(Kräutermarkt 3) aus Hubel, Tillmann, Borgermeyer, Wellnhofer, Denkmäler in Bayern Band III.37 Stadt Regensburg, Regensburg 1997 S.42

08) Erhaltene Lagermauer an der Südost-Ecke aus: http://www.uni-regensburg.de/Fakultäten/phil_FakIII/Geschichte am 27.10.2003

09) Der Idealtypus eines römischen Lagerkastells aus: Harald Koschmitz , Horst Schulz: Der Limes im Raum Weißenburg- Gunzenhausen, Unterrichtsmaterialien zu Stätten aus der Römerzeit, Nürnberg, 1984, S.53

10) Grundriss Regensburg mit skizzierter Lage des römischen Lagers aus Walter E. Keller, Deutsche Limesstraße, vom Main zur Donau, Treuchtlingen 1997, S.117

11) Luftbild der Stadt Regensburg mit dem Verlauf der römischen Legionslagermauer aus: Hubel, Tillmann, Borgermeyer, Wellnhofer, Denkmäler in Bayern Band III.37 Stadt Regensburg, Regensburg 1997 S.43

Die erste bisher nachweisbare römische Befestigung im Regensburger Stadtgebiet entstand in den 80er Jahren des 1. Jahrhunderts nach Chr. Um die Entwicklung, die zum Bau des Militärkastells Castra Regina führte, zu verstehen und um das römische Regensburg in einen historischen Zusammenhang einordnen zu können, muss man bis in die Zeit des Kaiser Augustus' zurückblicken.

Wichtige Gründe für den Bau des ersten Kastells in der Zeit der Grenzziehung des römischen Reichs war 1. der Schutz Oberitaliens vor den Einfällen räuberischer Alpenstämme und 2. die Erleichterung einer Verkehrsverbindung vom nördlichen Alpenfuß in Reichsteile jenseits des Rheins in Gallien. Um diese Ziele zu erreichen, musste die Reichsgrenze bis zur Donau vorgeschoben werden. Das Vordringen bis zur Donau erfolgte unter Tiberius (zwischen 35 und 37 n. Chr.). Der Fluss wurde durch eine Reihe kleinerer Kastelle gesichert. Nach der militärischen Niederwerfung erfolgte mit der Gründung der Provinz Raetien auch die verwaltungsmäßige Organisation. Sie war einem kaiserlichen procurator aus dem Ritterstand unterstellt. Die ersten Verwaltungszentren waren wahrscheinlich Cambodunum (=Kempten) und Augusta Vindelicum (=Augsburg).

Limes, Regensburg
Limes, Regensburg

Die Flüsse Rhein und Donau bildeten im Laufe der Zeit nicht nur die Grenze des römischen Weltreiches, sondern sie entwickelten sich auch zu wichtigen Verbindungswegen zwischen Ost und West. Der Weg über das Rheinknie war allerdings umständlich und zeitraubend. Deshalb begann unter den Kaisern Vespasian (69 -79 n. Chr.) und Domitian (81 – 96 n. Chr.) der langsame Ausbau einer primitiven Befestigungsanlage, sozusagen der Vorläufer des "Limes". Um einige Befestigungslücken zu schließen, wurde die Anlage um mehrere Kastelle erweitert, unter anderen durch ein Lager bei Regensburg. Damit wurde der Donaubogen in das Verteidigungsnetz mit einbezogen. Allerdings waren die Römer hier nicht die ersten Siedler gewesen.

Die Kelten

Lange bevor Germanen und Römer die historische Bühne Süddeutschlands betraten, hatten sich dort die Kelten ausgebreitet. Ihr Siedlungsgebiet reichte von der Iberischen Halbinsel über Britannien, Gallien, den Donauraum bis nach Südosteuropa. Ihre ältere Epoche, die von der Durchsetzung der Eisenzeit geprägt war bezeichnen wir als Hallstattkultur. Die zweite, jüngere Phase (5. bis Mitte des 1. Jhdts. v. Chr.) nennt man die La-Tène-Zeit. Ihre markantesten archäologischen Reste sind riesige Ringanlagen, vornehmlich auf Tafelbergen, die von den Römern auch "oppida" genannt wurden. Diese Oppida-Kultur scheint im 1. vorchristlichen Jhdt. gewaltsam untergegangen zu sein. Es gibt Hinweise dafür, dass es an der Stelle des heutigen Regensburg schon eine keltische Siedlung mit Namen Radasbona gegeben hat.

Die erste römische Befestigung am Donaubogen

Es war wohl die Verkehrsgunst des Platzes, welche die römischen Strategen dazu bewog, das erste Kastell im heutigen Stadtteil Kumpfmühl (unmittelbar südlich der Kirche St. Wolfgang) anzulegen.

Plan Kastel Kumpfmuehl (Regensburg)
Plan Kastel Kumpfmuehl (Regensburg)

Von dort bot sich die Möglichkeit, den gesamten Donaubogen sowie die zwei Talmündungen (Naab und Regen) einzusehen und damit die Handelswege zu beherrschen. Das Kastell besaß eine Steinmauer mit einem rechteckigen Grundriss von 154 x 143 Metern und wurde von einer Steinmauer mit Doppelgräben umgeben.

Mauer mit Graben, Kastell (Regensburg)
Mauer mit Graben, Kastell (Regensburg)

Der antike Name der Befestigung ist nicht bekannt. Es blieben keine oberirdischen Spuren zurück. Im Lager war eine ca. 500 Mann starke Hilfstruppe (sog. Auxiliarkohorte) stationiert. Die Soldaten hatten nicht das römische Bürgerrecht und wurden meist in der Umgebung rekrutiert. Dies war möglich, weil Raetien damals noch zu den weniger bedrohten Gebieten gehörte. Die Archäologen fanden in Regensburg-Kumpfmühl in unmittelbarer Nachbarschaft des Lagers Spuren einer Zivilsiedlung, deren Ausstattung auf die Bedürfnisse der Soldaten ausgerichtet war. Nachgewiesen werden konnten neben einer Kneipe, Läden, Werkstätten, eine Ziegelei und v.a. eine Badeanlage.

Die Markomannen – eine unterschätzte Gefahr

Das relativ ungestörte Leben an der Donaugrenze änderte sich Mitte des 2. Jhdts. Ausgelöst durch Wanderbewegungen ostgermanischer Stämme waren auch die nördlich der Donau wohnenden Völker, darunter die Markomannen, unruhig geworden. Sie forderten neue Wohnsitze innerhalb des Reiches. Als ihnen das untersagt wurde, versuchten sie gewaltsam Einlass zu erlangen. In Rom unterschätzte man diese Gefahr und hatte große Teile der Truppen von der Donau abgezogen und an die Euphratgrenze gegen die Parther verlegt. In den 60er Jahren des 2. nachchristlichen Jhdts. geriet die ganze Donaugrenze ins Wanken und germanische Scharen drangen bis nach Aquileia an der Adria vor. Man kann davon ausgehen, dass auch das römische Auxiliarkastell von Kumpfmühl und die dazugehörige Zivilsiedlung verwüstet wurden. (In diesem Zusammenhang ist auch der Kumpfmühler Schatzfund von 1989 zu sehen).

Roemisches Geld (Regensburg, Stadtgeschichte)
Roemisches Geld (Regensburg, Stadtgeschichte)

Die Römer konnten allerdings die Markomannen aufhalten und die Donaugrenze wieder sichern. Um die Sicherheit der Nordgrenze zu garantieren, entschloss sich Kaiser Marcus Aurelius (161 – 180 n. Chr.) die III. Italische Legion zu stationieren. (Dies waren römische Truppen, keine Fremdvölker, die man in schwierigen Situationen einsezte.)

Das neue Kastell zur Sicherung der Nordgrenze

 

Castra Regina (Regensburg Stadtgeschichte)
Castra Regina (Regensburg Stadtgeschichte)

Die Ausprägung des Regensburger Kastells – Castra Regina

Die Wahl des neuen Standortes war wohl von ähnlichen Voraussetzungen bestimmt wie 80 Jahre früher: nördlichster Punkt im Donaubogen, östlich davon gelegen die fruchtbare Donauebene, gute klimatische Bedingungen. Dem neuen Bau kam eine symbolische Funktion der Abschreckung zu, deshalb wich man von der alten Baustelle in Kumpfmühl ab und baute direkt am Fluss (Reichsgrenze). Dort war das Gelände aber schwierig und musste erst durch Kiesaufschüttungen trockengelegt werden. Die neue Lagermauer hat eine Seitenlänge von 540 x 460 m und eine Fläche von 24,3 ha (= elfmal die Fläche des alten Kastells). Zur Einweihung des Lagers ließ der Legionskommandeur, der gleichzeitig auch Statthalter der Provinz Raetien war, über der Porta Principalis (Osttor), eine Steininschrift anbringen.

Bauinschrift (Regensburg)
Bauinschrift (Regensburg)

Sie war ursprünglich ca. 8 – 10 m lang. Zwei Fragmente des Mittelstückes blieben davon erhalten. Diese sog. "Gründungsurkunde" von Regensburg gibt uns ein festes Datum für die Einweihung des Lagers, nämlich 179 n. Chr. Mindestens 5 Jahre Bauzeit müssen bis dahin schon veranschlagt werden. Etwa 30.000 Kubikmeter exakt behauene Quaderblöcke wurden hergestellt. Die bewegte Steinmenge muss dabei etwa doppelt so groß gewesen sein. Die Steinbrüche befanden sich im ganzen Donautal bis nach Kehlheim. Die grob behauenen Werksteine brachte man auf dem Fluss zu einer Lände nahe am Lager. Mit Hilfe von Drehkränen, Flaschenzügen und Holzrollen wurden die Quader zur Baustelle gebracht. Die fertige Lagermauer war ohne Zinnen ca. 7,5 m hoch und hatte ungefähr 30 Türme und vier Tore. Regensburg war durch diesen Bau zum größten Garnisonsort in der Provinz Raetien geworden. Auch nach rund 1800 Jahren beeindrucken diese gewaltigen Kalksteinblöcke noch, die an mehreren Stellen im modernen Stadtbild zu sehen sind.

Die Porta Praetoria

 

Porta Praetoria (Regensburg)
Porta Praetoria (Regensburg)

Die Porta Praetoria ist das einzige der ursprünglich vier Stadttore, das noch erhalten ist. Sie befindet sich an der Nordseite des Lagers und wurde 179 n. Chr. fertiggestellt. Ehemals bestand es aus zwei nebeneinaderliegenden Toren und einem Turm an jeder Seite. Ein Tor wurde schon in römischer Zeit zugebaut. Durch das Tor verlief eine 16 Meter breite Straße, die via praetoria, die zum Praetorium (=Lagerkommandantur) führte. Die Porta Praetoria gilt neben der Porta Nigra in Trier als der größte noch erhaltene römische Hochbau in Deutschland. Auch in nachrömischer Zeit wird das Tor weiterbenützt und im Jahre 932 nach Chr. wird es Porta Aquarum (=Wassertor) genannt. (Nähe zur Donau)

Die Südostecke der Lagermauer

In den Jahren 1955 – 63 wurde am Ernst-Reuter-Platz in Regensburg die Südost-Ecke des römischen Legionslagers freigelegt und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Dies war erst nach langen harten Kämpfen zwischen Archäologen, Konservatoren, Stadtverwaltung und Bauinteressenten möglich geworden.

Lagermauer (Regensburg)
Lagermauer (Regensburg)

Das Lagerinnere

Das Gebiet des Regensburger Legionslagers bildet den heutigen zentralen Altstadtbereich und war durchgehend bebaut. Die Möglichkeit großflächiger Grabungen war deshalb immer sehr eingeschränkt und wir kennen von der inneren Struktur des Lagers nur sehr wenig. Römische Militäranlagen wiesen jedoch von Britannien bis Syrien eine gewisse Regelmäßigkeit auf.

Idealtypus (Regensburg)
Idealtypus (Regensburg)

Übertragen wird dieses Schema auf den Regensburger Altstadtbereich, so können wir uns ein ungefähres Bild vom ursprünglichen Aussehen machen.

 

Grundriss Regensburg
Grundriss Regensburg

Gegliedert wurde das Lagerinnere durch die in Ost-West-Richtung verlaufende via principalis und die in Nord-Süd-Richtung führende via praetoria. Sie bildeten das Achsenkreuz des Lagers. An diesen Lagerhauptstraßen lagen die Unterkünfte für Handwerker, Verwaltungssoldaten, Lazarett usw. Die rechtwinklig abzweigenden Lagergassen führten zu den Wohnquartieren der einfachen Soldaten. Da im Lager ca. 6.000 Mann untergebracht werden mussten, nahm diese Kasernenanlage den meisten Platz ein. Im Zentrum des Lagers, im Bereich der heutigen Schwarzen-Bären-Straße, lagen die principa, das Hauptquartier. Dies war ein repräsentativer Gebäudekomplex aus wuchtigen Quadern, der einen weiten Innenhof umschloss. (Büros, Waffendepots, Repräsentationsräume, Fahnenheiligtum, Legionsadler, Kaiserbildnis, Götterbilder etc. wurden hier aufbewahrt.) Ein heute noch sichtbarer Türstock in einem romanischen Haus könnte von diesem Bauwerk stammen. Ähnlich prächtig scheint auch das praetorium, das Wohnhaus des Legionskommandanten gewesen zu sein. Durch die via principalis entlang nach Osten ging man vorüber an den mit roten Ziegelplatten aus der legionseigenen Ziegelei gedeckten Lagerbaracken und Übungshallen.

Luftbild Regensburg
Luftbild Regensburg

Die Umgebung des Lagers

Den einfachen Soldaten standen im Lager nur etwa 2 1/2 Quadratmeter überdachter Raum zur Verfügung, der zudem nicht sehr bequem war. Für die Offiziere gab es Kasinos, die im Verwaltungskomplex untergebracht waren. Außerdem waren ihre Wohnungen, meist eigene Häuschen, bedeutend bequemer. Trotzdem versuchten nicht nur die Mannschaften, sondern auch die höheren Dienstränge ihre Freizeit außerhalb des Lagers zu verbringen. Zusammen mit den Legionen waren auch eine große Menge Zivilisten gekommen. Man kann von 10.000 – 15.000 Menschen ausgehen. So entstand mit dem Legionslager gleichzeitig westlich davon eine ausgedehnte Zivilsiedlung, die sich nach Süden erstreckte. Vom Lager aus führte durch das Westtor die Verlängerung der Lager Ost-West-Achse (via principalis) eine Straße in die Zivilsiedlung. Die Straßen waren zum Teil gepflastert und mit Kanalisation versehen. Von den Hauptstraßen zweigten kleinere Nebenstraßen ab und unterteilten die canabae, wie man solche zivile Siedlungen nennt, in einzelne Häuserblöcke (insulae). Die Regensburger Zivilsiedlung erlebte in den anfänglichen Friedensjahren eine wirtschaftliche Blüte und nahm fast stadtartiges Gepräge an, wenngleich sie diese Stellung staatsrechtlich nie erreichte. Die Einbeziehung in das römische Reich bedeutete also keineswegs in erster Linie nur Unterwerfung unter eine imperialistische Macht. Vielmehr brachte die Zugehörigkeit zum Imperium bisher nicht gekannte Vorteile: Rechtssicherheit, inneren Frieden, die Möglichkeiten eines sozialen Aufstiegs. Für diese Dinge hatte die benachbarte germanische Gesellschaft noch nicht einmal Begriffe. Militärlager und Zivilsiedlung gehörten also zusammen. Zusätzlich lag rund um das Lager eine ganze Reihe von Bauernhöfen (villae rusticae). Der gesamte heutige südliche Landkreis war mit solchen Hofstellen aufgesiedelt, die zur Versorgung der Legion angelegt wurden.

Das Ende der römischen Herrschaft in Raetien

In der Mitte und gegen Ende des dritten nachchristlichen Jahrhunderts wurde Castra Regina in Schutt und Asche gelegt. Diesmal von den Alamannen, die den Limes an mehreren Stellen durchbrachen. Ein Teil der III. Italischen Legion (siehe oben) war schon vorher an die östliche Reichsgrenze nach Persien (Sassanidenreich) verlegt worden. Schließlich musste Rom das Gebiet nördlich der Donau völlig aufgeben (nach 259/60). Die Grenze orientierte sich wieder an Rhein, Iller und Donau. Trotz schwerer Verluste bei der Zivilbevölkerung und der militärischen Besatzung erlosch das Leben in und um das Lager nicht ganz. Die wenigen überlebenden Gutshöfe siedelten nahe am Lagerrand. Damals mauerte man möglicherweise auch je eine Hälfte der großen doppelbogigen Tore zu. (Vgl. Porta Praetoria) Die Zivilbevölkerung zog zunehmend ins Lager, so dass aus dem Kastell im Laufe des 4. Jhdts. eine mauerumwehrte Zivilsiedlung mit militärischer Besatzung wurde. Die römischen Soldaten waren großenteils in den Alamannenstürmen umgekommen. Die Militärverwaltung war gezwungen, die Grenzverteidigung immer mehr germanischen Söldnern zu überlassen. Im 3. und 4. Jahrhundert ging somit in Raetien ein Bevölkerungswechsel vonstatten. Die keltisch-italische Bevölkerung wurde langsam durch Germanen verschiedener Herkunft ersetzt. In Castra Regina war die letzte Abteilung der III. Italischen Legion Ende des 4. Jhdts. abgezogen worden und die leeren Kasernenbauten wurden von Germanen übernommen. In den schriftlichen Quellen taucht um das Jahr 551 erstmals der Name "Baibari" für das Volk auf, das in östlicher Nachbarscahft zu den Alamannen wohnte. Ein gutes Jahrzehnt später (ca. 565) bezeichnet der Dichter und Bischof von Poitiers, Venantius Fortunatus, die Leute östlich des Lechs als "baiovari". Vgl. Literatur: Hefte zur Bayerischen Geschichte und Kultur Band

Die Bajuwaren, Haus der Bayerischen Geschichte

Ich will hier nicht auf die komplizierte historische Diskussion eingehen, die schließlich zur Entstehung der Bajuwaren und zum modernen Bayern geführt hat. Fest steht jedenfalls, dass das alte Römerlager, dessen gewaltige Mauern noch im 8. Jhdt. n. Christus eindrucksvoll gewesen sein müssen, zum Kristallisationspunkt des neuen bayerischen Stammesherzogtums wurde. Gegen Ende des Mittelalters verlegte dann Kaiser Maximilian I. den Immerwährenden Reichstag nach Regensburg (Ständeparlament), wodurch die Stadt eine Art Hauptstadtcharakter für das ganze Reich erhielt. Diese Bedeutung behielt sie bis 1806, als Napoleon das Alte Reich auflöste.

 

Quellen

Bosl Verlag: Handbuch der Historischen Städten Deutschland, Bd. 7 Bayern, Stuttgart, 1965

Diercke Weltatlas, Braunschweig , 1988

Harald Koschmitz , Horst Schulz: Der Limes im Raum Weißenburg- Gunzenhausen, Unterrichtsmaterialien zu Stätten aus der Römerzeit, Nürnberg, 1984

HB-Kunstführer: Regensburg- Oberpfalz Nr.63

Hefte zur Bayerischen Geschichte und Kultur Band 6. Die Bajuwaren, Haus der Bayerischen Geschichte

Horst Lechner: Bayern in der Römerzeit, München, 1989

Hubel, Tillmann, Borgermeyer, Wellnhofer, Denkmäler in Bayern Band III.37 Stadt Regensburg, Regensburg 1997

M.I. Finley: Atlas der klassischen Archäologie München,1979

Schindler, Herbert: Kunstführer Regensburg, Regensburg, 1983

Uni Regensburg 1: http://www.uni-regensburg.de/Fakultäten/phil_FakIII/Geschichte, am 27.10.2003

Uni Regensburg 2: http://www.uni-regensburg.de/archiv/archiv-text.htm am 27.10.2003

Walter E. Keller, Deutsche Limesstraße, vom Main zur Donau, Treuchtlingen 1997

Bildnachweise

01) Limeskarte aus: http://www.lateinforum.de/romstra.htm am 27.10.2003

02) Plan des römischen Kohortenkastells in Kumpfmühl (nach A. Faber): Deutlich sind die Doppelgräben zu erkennen, die das Lager schützten: 10 und 5 Meter breit, 3 bzw. 2 Meter tief, heute mit Erdreich zugeschüttet. Am Nordrand des Lagers erkennt man Reste einer großen römischen Badeanlage, Hubel, Tillmann, Borgermeyer, Wellnhofer, Denkmäler in Bayern Band III.37 Stadt Regensburg, Regensburg 1997 S.33

03) Schematische Darstellung der Römermauer (Rekonstruktion aufgrund der Grabung im Pfarrgarten von St. Wolfgang 1996) Wehrmauer: aus Hubel, Tillmann, Borgermeyer, Wellnhofer, Denkmäler in Bayern Band III.37 Stadt Regensburg, Regensburg 1997 S.43

04) römisches Geld aus http://www.dig-regensburg.de/jpg/mai20001.jpg am 27.10.2003

05) Plan des römischen Legionslagers "Castra Regina" (nach Th. Fischer) aus: Hubel, Tillmann, Borgermeyer, Wellnhofer, Denkmäler in Bayern Band III.37 Stadt Regensburg, Regensburg 1997 S.34

06) Bauinschrift des Legionslagers "Castra Regina" von 179 n. Chr. aus: Hubel, Tillmann, Borgermeyer, Wellnhofer, Denkmäler in Bayern Band III.37 Stadt Regensburg, Regensburg 1997 S.32

07) Porta Praetoria von Nordwesten heute,(Kräutermarkt 3) aus Hubel, Tillmann, Borgermeyer, Wellnhofer, Denkmäler in Bayern Band III.37 Stadt Regensburg, Regensburg 1997 S.42

08) Erhaltene Lagermauer an der Südost-Ecke aus: http://www.uni-regensburg.de/Fakultäten/phil_FakIII/Geschichte am 27.10.2003

09) Der Idealtypus eines römischen Lagerkastells aus: Harald Koschmitz , Horst Schulz: Der Limes im Raum Weißenburg- Gunzenhausen, Unterrichtsmaterialien zu Stätten aus der Römerzeit, Nürnberg, 1984, S.53

10) Grundriss Regensburg mit skizzierter Lage des römischen Lagers aus Walter E. Keller, Deutsche Limesstraße, vom Main zur Donau, Treuchtlingen 1997, S.117

11) Luftbild der Stadt Regensburg mit dem Verlauf der römischen Legionslagermauer aus: Hubel, Tillmann, Borgermeyer, Wellnhofer, Denkmäler in Bayern Band III.37 Stadt Regensburg, Regensburg 1997 S.43