Die zeitgemäßen Methoden der Instruktion sind in der Regel gut theoretisch fundiert und lassen sich dann auch einer lerntheoretischen Schule recht klar zuordnen. In diesem Sinne führt Holzinger (2001) zu den Lerntheorien prototypische Lehrmethoden an oder Kunter (2005) beschreibt konstruktivistische Instruktionsformen (siehe auch Reusser, 2001). Als Beispiel einer, der Vermittlungsperspektive entsprechenden Unterrichtsgestaltung soll im folgenden Beitrag die Methode des programmierten Unterrichts (eng. programmed instruction) dienen. Exemplarisch für die Konstruktionsperspektive wird die kognitive Meisterlehre (cognitive apprenticeship) kurz skizziert werden.
Die zeitgemäßen Methoden der Instruktion sind in der Regel gut theoretisch fundiert und lassen sich dann auch einer lerntheoretischen Schule recht klar zuordnen. In diesem Sinne führt Holzinger (2001) zu den Lerntheorien prototypische Lehrmethoden an oder Kunter (2005) beschreibt konstruktivistische Instruktionsformen (siehe auch Reusser, 2001). Als Beispiel einer, der Vermittlungsperspektive entsprechenden Unterrichtsgestaltung soll im folgenden Beitrag die Methode des programmierten Unterrichts (eng. programmed instruction) dienen. Exemplarisch für die Konstruktionsperspektive wird die kognitive Meisterlehre (cognitive apprenticeship) kurz skizziert werden.
Der programmierte Unterricht (die Beschreibung stützt sich vor allem auf Ewert & Thomas, 1996; Kulik, Cohen, & Ebeling, 1980; Lenne, 1969; Vargas & Vargas, 1991) beruht auf Arbeiten von B. F. Skinner (1954). Wie der Name nahe legt, kann diese Instruktionsform beispielsweise per Computer automatisiert werden. Dazu wird zunächst das erwünschte Verhalten formuliert und in kleine Sequenzen unterteilt. Dabei kann es sich auch um das korrekte Lösen eines komplexeren Problems handeln. Dann werden dem Lernenden, z.B. mittels Literatur, dosierte Informationen vermittelt. Direkt im Anschluss wird der Lernerfolg geprüft, was durch einen schriftlichen Test erfolgen kann. Besonders wichtig ist die unmittelbar anschließende Rückmeldung zur gezeigten Teilleistung. Bei erfolgreicher Testbewältigung wird zur nächsten Lerneinheit übergegangen. Auf diese Weise werden richtige Lösungen verstärkt und eine allmähliche Annäherung an die Lösung des Gesamtproblems ist zu erwarten.
Die kognitive Meisterlehre (Beschreibung nach A. Collins, Brown, & Holum, 1991b; Reusser, 1995) wurde in Anlehnung an eine ideale Lehrausbildung entwickelt und für den Schulkontext umformuliert. Sie beginnt mit dem erklärenden Vorzeigen des Lehrziels durch die Lehrperson. Dies ermöglicht dem Lehrling, eine geeignete Vorstellung der kognitiven Zieltätigkeit zu modellieren. Dann leitet die Lehrkraft die ersten eigenen Versuche des Lehrlings an, überwacht und steuert sie und unterstützt den Lernenden bei Bedarf. Eine häufig genutzte Metapher für die Rolle der Lehrperson in der folgenden Einübungsphase ist die des Gerüsts (eng. scaffold): Ähnlich einem Gerüst soll die Lehrkraft als Halt für den noch unsicheren Lernenden dienen und individuell angemessene Unterstützung bieten. Aus dieser Rolle zieht sich der Lehrmeister sukzessive zurück, verringert seine Hilfestellungen und seine Kontrolle und lässt den Schüler die Verantwortung für sein Handeln übernehmen.
Die beiden beschriebenen Instruktionsformen sind jedoch in ihrer Reinform im schulischen Unterricht kaum zu beobachten. Bei Beobachtungen tatsächlicher Unterrichtssituationen stellten sich übergeordnete Dimensionen heraus, mit deren Hilfe sich die Art und Weise der Einführung neuer Themengebiete, der Wahl von Übungsaufgaben und die Strukturierung der Unterrichtseinheiten beschreiben lässt und die in Hinblick auf Unterrichtsqualität einen hohen Erklärungswert aufweisen (Avenarius et al., 2003; Baumert et al., 2004; Brophy, 1999; Klieme & Rakoczy, 2003; Klieme, Schümer, & Knoll, 2001; Kunter et al., 2006). Zudem spiegelt die Ausprägung dieser Dimensionen inhaltlich eine Affinität zu einer der im vorigen Kapitel beschriebenen Perspektiven auf Lernen und Lehren wieder. In den Analysen der vorliegenden Arbeit sollen vor allem folgende drei dieser übergeordneten Merkmale der Unterrichtsführung genutzt werden: das Ausmaß der Engführung des Unterrichts, der kognitiven Aktivierung und der Binnendifferenzierung und Individualisierung.
In den TIMSS-Videoanalysen (Baumert et al., 1997; Klieme et al., 2001) von bundesweit 100 Schulklassen stellte sich heraus, dass sich Unterrichtssituationen unter anderem durch den Grad ihrer Engführung durch die Lehrkraft unterscheiden. Dabei muss festgestellt werden, dass ein lehrerzentrierter fragend-entwickelnder Unterricht an deutschen Schulen große Verbreitung findet. Zum gleichen Ergebnis kommen Ditton und Merz (2000) bei einer Befragung von 4316 Schülern aus Bayern. Ein enggeführter Unterricht (Avenarius et al., 2003; Baumert et al., 2004; Kunter et al., 2006; Landesinstitut für Schule und Weiterbildung, 2000) zeichnet sich durch eine lehrergesteuerte, kleinschrittige Erarbeitung komplexerer Lerngegenstände aus. Fehler sollen so weitestgehend vermieden werden. Um sicherzustellen, dass die Schüler die einzelnen Lernschritte memorieren können, müssen die Inhalte häufig wiederholt und eingeschliffen werden. Der Unterricht wird nach einem zuvor von der Lehrkraft entwickelten Plan abgehalten. Allerdings erhöht sich damit die Erfordernis von Kontrolle der Disziplin und Unterbindung von Störungen.
In verschiedenen Veröffentlichungen zu konstruktivistischen und reformorientierten Unterrichtsformen, aber auch zu direkter Instruktion betonen die Autoren die Wichtigkeit komplexer, lebensnaher, ansprechender und herausfordernder Aufgaben im Unterricht (z.B. Helmke, 1999; Peschel, 2002). So stellte sich auch in der TIMSS-Videostudie (Baumert et al., 1997; Klieme et al., 2001) die kognitive Aktivierung als eine der Grunddimensionen von Unterrichtsqualität heraus. Unter kognitiv aktivierendem Unterricht ist eine Schaffung von Lernsituationen zu verstehen, die die Schüler animiert, sich aktiv mit dem Lerngegenstand auseinanderzusetzen. Zu diesem Zweck sind besonders Aufgaben geeignet, deren Lösungen nicht sofort ersichtlich sind. Selbst Fehler der Schüler können hilfreich sein, um sie zu animieren, bestehende Konzepte zu hinterfragen. Die Prävention von Störungen wird in diesem Fall durch die optimale Herausforderung der Schüler erreicht (Brophy, 1999; Doyle, 1986).
Eine weitere Dimension zur Beschreibung von Unterrichtsführung, die sich bei der Auswertung der TIMS-Studie (Baumert et al., 1997; Klieme et al., 2001) ausweisen ließ, ist das Ausmaß der Schülerorientierung. Diese schließt die Orientierung an einer individuellen Bezugsnorm ebenso ein, wie die Fähigkeit der Lehrkraft, den individuellen Lernstand ihrer Schüler einzuschätzen. Ebenso sollten die gestellten Aufgaben dem Vorwissen der Schüler angemessen sein. Um verschiedenen Wissensständen in einer Klasse gerecht zu werden, muss gegebenenfalls gleichzeitig mit verschiedenen Aufgabenschwierigkeiten in Kleingruppen gearbeitet werden. Dazu ist es notwendig, die selbstregulativen und kommunikativen Fähigkeiten der Schüler zu stärken. Zuzüglich zu diesen Aspekten wird in verschiedenen Veröffentlichungen betont, dass ein Mitspracherecht der Schüler bei der Entwicklung und Auswahl von Themen und Aufgaben einen positiven Einfluss auf deren Lernmotivation und Lernerfolg bewirkt (Giaconia & Hedges, 1982; Helmke & Weinert, 1997; Peschel, 2002). Um den Gedanken des Eingehens auf individuelle Voraussetzungen und Ansprüche der Schüler durch den Lehrer zu betonen, wird im Folgenden von Binnendifferenzierung und Individualisierung gesprochen.
In den zuvor ausgeführten, aus den lerntheoretischen Perspektiven abgeleiteten Implikationen für den Unterricht lässt sich erkennen, dass ein hohes Ausmaß der kognitiven Aktivierung und eine ausgeprägte Binnendifferenzierung eher mit der Konstruktionsperspektive zu vereinbaren ist. Eine ausgeprägte Engführung des Unterrichts durch den Lehrer hingegen entspricht eher den Überzeugungen der Vermittlungsperspektive.