Als Emailbenutzer ist man heutzutage oft auch auf verschiedenen Mailinglisten angemeldet. Diese halten sich bei mir noch in einem überschaubaren Maßstab. Doch vor einer Woche häufte sich plötzlich der Emailverkehr.
Als Emailbenutzer ist man heutzutage oft auch auf verschiedenen Mailinglisten angemeldet. Diese halten sich bei mir noch in einem überschaubaren Maßstab. Doch vor einer Woche häufte sich plötzlich der Emailverkehr. Offensichtlich gab es etwas Wichtiges. Viele Aufrufe bei EU-Parlamentariern Druck gegen eine Richtlinie zu machen, gingen bei mir ein. Es handelte sich um eine Richtlinie zur Vorratsspeicherung der Kommunikationsdaten sämtlicher 450 Millionen EU-Bürger bis zu zwei Jahren oder noch länger! Vorratsspeicherung oder auch Vorratsdatenspeicherung! Was für Wörter! Und was bedeutet dies überhaupt? Nachdem ich mir die Emails durchgelesen hatte, war ich schockiert! Schlagzeilen wie diese „Frontalangriff auf die Demokratie befürchtet“ (www.heise.de/newsticker/meldung/67200) oder diese „Im Licht der Brüsseler Bemühungen im Kampf gegen den Terrorismus erscheint den Gesetzgebern dabei jeder der 450 Millionen EU-Bürger verdächtig“ (www.heise.de/newsticker/meldung/67272) oder „Schließlich muss sich dann jeder der 450 Millionen Bürger Europas im Sinne der neuen Vorschrift als potenzieller Straftäter oder Terrorist begreifen“ (www.sueddeutsche.de/computer/artikel/93/66027), scheinen nicht übertrieben. Plänen des EU-Rates zufolge müssen demnächst in der EU sämtliche Verbindungs- und Standortdaten, die bei Telefonaten, SMS, E-Mail, dem Surfen im Internet oder Filesharing anfallen, gespeichert werden und Behörden zur Verfügung gestellt werden. www.heise.de/ct/aktuell/meldung/66857) „Mit Hilfe der Datenberge sollen Profile vom Kommunikationsverhalten und von den Bewegungen Verdächtiger erstellt werden.“ (www.heise.de/newsticker/meldung/66927) Dies soll zwar nur bei schweren Verbrechen und Terroristen möglich sein, doch wie will man das überprüfen, wann und wer Daten in Behörden abruft? „Selbst der große Lauschangriff ist dagegen ziemlich harmlos, da er sich nur gegen Verdächtige richtet.“ (www.stralau.in-berlin.de/blog/2005/12/05/diese-seite-wird-uberwacht) Wir leben ja in einer Demokratie und so weiter und es tut mir auch leid, aber mich erinnert das irgendwie an früher, an den Osten. Wo hier jedoch noch bei jeder Abhörmaßnahme eine Person sitzen musste, können Daten in der EU nun computertechnisch erfasst werden, ohne dass dies zusätzlichen Personalaufwand bedeutet. Die Kosten für diese gigantische Datensammlung sind dennoch beträchtlich. Stefan Krempl (www.spindoktor.de) rechnet uns z.B. vor, dass allein für den deutschen Internetverkehr über den Frankfurter Netzknoten täglich eine Datenmenge von 639.000 CDs abgespeichert werden müssten (www.zeit.de/2005/49/Vorratsspeicherung). Gegenwärtig wettert deshalb auch die Wirtschaft gegen die bereits beschlossene Richtlinie. Sie will die Kosten der Generalüberwachung nicht tragen. Doch letztendlich ist dies für die Bürger unerheblich, denn alle Bürger werden so oder so bezahlen müssen, entweder durch höhere Ausgaben bei der Kommunikation oder in Form von Steuern. Na ja, doch wenn es um die Sicherheit geht und die Abwehr von Terror, dann sind solche Maßnahmen vielleicht doch sinnvoll, auch wenn sie mit Kosten verbunden sind. Leider ist dies ein Trugschluss. Denn Straftäter und Terroristen sind nun auch nicht so blöd. Sie finden sowieso Möglichkeiten anonym ins Internet zu gehen (Dies kann man in Berlin z.B. auf dem Potsdamer Platz mit Hilfe von Sony oder sonst in jedem Internetcafé). Oder wenn sie telefonieren wollen, tun sie dies einfach von einer Telefonzelle oder mit einer Prepaidkarte, die sie von irgend jemanden billig gekauft haben. Mit der Vorratsspeicherung werden also eher die Daten der normalen Internetnutzer, die sich nicht für die Umgehung der Sammelwut der Sicherheitsbehörden interessieren, angehäuft. Thilo Weichert, Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (www.datenschutzzentrum.de) meint dazu z.B. „Wenn über Monate hinweg minutiös nachvollzogen werden kann, wer wo im Internet gesurft hat, wer wann mit wem per Telefon, Handy oder Email kommuniziert hat, wer wann welche Online-Dienste in Anspruch genommen hat, dann wird die Schwelle von der freiheitlichen Informationsgesellschaft zum digitalen Überwachungsstaat überschritten.“ (www.heise.de/newsticker/meldung/66965)