Die Hierachie auf dem Hof in Hezarak

Die Gruppe, die hier auf dem Hof ist, ist sehr hierarchisch geschichtet. Da sind die Ingenieure und Ärzte, wobei die Ärzte (außer dem Zahnarzt Safiulah) und ein, zwei Arzthelfer (oder was auch immer) nachts nicht hier bleiben. Darunter dann die beiden Köche, der Fahrer, der Hausmeister und Einige, deren Funktion ich nicht weiß (die Wächter). Ganz unten stehen die Schreiner, die hier auf dem Hof arbeiten und nachts nach Hause gehen.

Die Gruppe, die hier auf dem Hof ist, ist sehr hierarchisch geschichtet. Da sind die Ingenieure und Ärzte, wobei die Ärzte (außer dem Zahnarzt Safiulah) und ein, zwei Arzthelfer (oder was auch immer) nachts nicht hier bleiben. Darunter dann die beiden Köche, der Fahrer, der Hausmeister und Einige, deren Funktion ich nicht weiß (die Wächter). Ganz unten stehen die Schreiner, die hier auf dem Hof arbeiten und nachts nach Hause gehen. Und dann gibt es noch eine Unmenge Volk, die es nicht geschafft haben, irgendwie von der holländischen Entwicklungshilfeorganisation Geld zu bekommen für irgendeine Arbeit, aber trotzdem tagsüber hier auf dem Gelände herumlaufen (wenn sie es schaffen, hereinzukommen) oder aber auch stundenlang draußen vor dem Tor auf dem Hügel sitzen und in den Hof gucken. Ich gehöre zu den Ingenieuren, was aber Said Machmat offenbar nicht so gut findet, vielleicht weil ich eigentlich nur ein Schreiner bin und niemand Gebildetes und es nur die Ungerechtigkeit der Welt ist, dass er nicht viel höher als ich steht, nicht mehr Geld bekommt. Das war auch seine Frage am ersten Abend: wie viel Geld ich in Deutschland verdiene und wie viel ein Ingenieur in Deutschland verdient? Die anderen haben mich eher kulturelle Dinge gefragt oder politische. Was ich von Hitler halte? Eigentlich habe ich gesagt bekommen, dass man diese Frage nicht beantworten soll, weil viele Afghanen von Hitler eher schwärmen. Ich konnte es aber nicht lassen und habe ganz ausführlich von Hitler erzählt. Ich glaube, das fanden die meisten ziemlich interessant und gut, auch wenn sie meinten, dass sie den Hitler mögen würden. Ich habe darauf gesagt: „das könnt ihr ja tun“. Gelacht haben sie und es wurde klar, dass sie unter „Hitler“ etwas ganz anderes verstehen, als ich. Sie denken dabei an einen mutigen und starken Freund Afghanistans, der gegen Russen, Engländer und Juden (was oft mit USA in eins gesetzt wird) gekämpft hat. Die Ingenieure haben mir erzählt, hier bei ihnen, da könnte ich schon frei reden, sehr aufpassen sollte ich aber bei den Einheimischen, vor allem den alten Männern mit Turban. Es gäbe hier viele Anhänger der Fundamentalisten Sayyaf und Hekmatyar. Und so fühle ich mich auch mit ihnen – fühle mich angenommen und wohl in ihrer Gruppe, die sehr offen miteinander redet. Ich glaube, am Liebsten würden sie mir tagein, tagaus Fragen stellen, nicht, weil sie naiv sind, sondern gerade, weil die Meisten von ihnen schon sehr viel über die Welt nachgedacht haben und sehr differenziert alles mögliche betrachten. Ich fühle mich da sehr gleichwertig. Anders mit den Köchen, Hausmeistern oder dem alten Mann, der den Hof fegt. Schon allein, weil die alle kein Englisch können und die Unterhaltung deshalb sehr begrenzt ist, ist für mich die kulturelle Distanz sehr viel mehr zu spüren.